Mehr als zwei Millionen Zugriffe pro Monat verzeichnet das Hamburger Transparenzportal mittlerweile, Tendenz steigend. Gesucht wird dort nach allen möglichen Informationen, nach "Fuhlsbütteler Damm", "Halbmarathon", "Elbphilharmonie", "Unterkünfte für Flüchtlinge" – auch diese Statistik steht auf der Webseite. Und in Baden-Württemberg? Tut sich wenig. Vor allem digital sieht es schlecht aus.
Was hätten sich die S21-Gegner Hans-Dieter Reicherter und Gert Meisel alles ersparen können, wäre die baden-württembergische Verwaltung bis hinauf ins Staatsministerium nicht nur in Sonntagsreden auf dem Weg in die digitale Informationswelt. Dann wäre auch montags in Amtsstuben aller Art mittlerweile angekommen, dass aus Untertanen schon längst mündige Bürger:innen geworden sind, die das Recht haben auf Einblick in Vorgänge und Verfahren, die sie interessieren oder betreffen. Und zwar ganz ohne Papierkram, ohne jahrelangen Kampf wie den um Akten, Mails und Vermerke im Zusammenhang mit dem schwarzen Donnerstag am 30.September 2011 im Stuttgarter Schlossgarten. Reicherter und Meisel aber mussten fast zehn Jahre lang kämpfen (Kontext berichtete unter anderem hier, hier und hier).
Die Hansestadt Hamburg macht vor, wie es besser gehen kann. 120 Stellen, von den Senatsbehörden bis zum Thalia-Theater, von der Hafen-City bis zur Zahnärztekammer (Veröffentlichende Stellen - Transparenzportal Hamburg) haben mehr als 30 Millionen Aktenseiten frei zugänglich gemacht und automatisch werden es laufend mehr. Es brauchte allerdings eine Initialzündung: Als der Bau der Elbphilharmonie sich zur unendlichen Geschichte auszuwachsen drohte, samt Kostenexplosion und Baustopp, starteten "Transparency International", "Mehr Demokratie" und der "Chaos Computer Club" 2011 eine entsprechende Volksinitiative.
Mit Blick auf die nächsten Wahlen machten sich daraufhin alle fünf damals in der Bürgerschaft vertretenen Fraktionen, von der CDU bis zur Linken, das Anliegen zu eigen. "Nach dem Motto: Segne, was Du nicht verhindern kannst", erinnert sich Manfred Redelfs vom "Netzwerk Recherche". So wurden die damals bundesweit einmaligen Neuerungen auf den Weg gebracht. Der Hamburger Leuchtturm strahle deshalb so hell, weil der Vorstoß gerade nicht aus der Verwaltung, sondern aus der Zivilbevölkerung kam, so Redelfs und hofft, die Landesregierung in Baden-Württemberg zu einem ähnlichen Vorgehen animieren zu können.
4 Kommentare verfügbar
Jörg Tauss
am 26.10.2022Schon das erste baden- württembergische Informationsfreiheitsgesetz ist im bundesweiten Vergleich der existierenden Gesetze schlicht schwaches Schlusslicht. Damals verweigerte Grün- Rot entgegen aller vollmundigen Ankündigungen sogar einen transparenten…