Mehr als fünf Dutzend Beschäftigte arbeiten in den Wissenschaftlichen Diensten des Deutschen Bundestags. Seit 2016, nach dem Ende eines jahrelangen Rechtsstreits um den höchst skurrilen Wunsch einer ostfriesischen CDU-Abgeordneten, die Existenz außerirdischen Lebens zu klären, müssen die Dienste alle ihre Gutachten öffentlich machen. Deshalb ist die unendliche Geschichte des Kampfs um mehr Transparenz detailliert dokumentiert. Schon 2011 wurde der Bundesrepublik "im internationalen Vergleich eine der schwächsten Regelung im Bereich des Lobbyismus" bescheinigt, und die zum Teil seit Willy Brandt unveränderten Vorgaben werden als reformbedürftig beschrieben: "Die Einführung eines 'legislativen Fußabdrucks' würde die Tätigkeiten von Interessen- und Lobbyvertretern aufzeigen und den Einfluss dieser auf die erlassenen Gesetze deutlich machen." Eine internationale Vergleichsstudie von 2017 stellte lapidar fest: "Ausgeklammert wird die Rechtslage in Deutschland, die unverändert geblieben ist."
In Fragen der Digitalisierung rühmen gerade die Unionsparteien Estland gern als Vorbild. In "E-Estonia", wie das Land sich selbst nennt, ist der Gang aufs Amt Geschichte. Praktisch alle Behördenangelegenheiten können per Klick erledigt werden. Mindestens so fortschrittlich wie die eine Karte, die den Führerschein ebenso enthält wie den Impfpass, ist die transparente Ausgestaltung aller Gesetzgebungsverfahren. Aufgeführt werden müssen grundsätzlich alle beteiligten staatlichen, regionalen oder lokalen Institutionen, privaten Interessengruppen und Sachverständigen. Bei Privaten sind die Namen zu veröffentlichen, desgleichen die Zahl der Treffen. Und für alle Vorschläge ist die Erläuterung obligatorisch, warum sie aufgenommen oder verworfen wurden. Neben den Parlaments- müssen auch die hierzulande oft nichtöffentlichen Ausschussberatungen zugänglich gemacht werden.
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Peter Meisel
am 24.03.2021