Für Bernd Gögel ist am Abend der Landtagswahlen schnell klar, warum seine AfD zu den Verlierern gehört. Nicht nur, dass der Verfassungsschutz gegen die Partei ermittelt, habe geschadet, die Partei sei auch "ausgegrenzt" worden. Auch seine Landesvorsitzende Alice Weidel klagt, mit der AfD werde im öffentlichen Diskurs nicht fair umgegangen. Und Parteichef Jörg Meuthen spricht von einer "biestigen" Atmosphäre in der baden-württembergischen Öffentlichkeit.
Wer sich nun aber die Berichterstattung in Landesmedien vor den Wahlen anschaut, wird von Biestigkeit, Ausgrenzung oder unfairer Behandlung nichts sehen. Im Gegenteil: Wie in keinem anderen westdeutschen Bundesland wurde die AfD den gesamten Wahlkampf über von nahezu allen Regionalmedien als vollwertige Alternative in die Berichterstattung einbezogen. Selten gelang die von den AfD-Oberen in Baden-Württemberg gewünschte Inszenierung als bürgerliche Partei besser, selten bekam die AfD sowohl in elektronischen wie gedruckten Medien mehr Platz, ihre Kandidaten und Thesen im Mäntelchen besorgter Bürgerlichkeit zu präsentieren.
Nun gibt es ja die Erzählung, die AfD gehöre zu den großen Verlierern dieser Landtagswahl. Und tatsächlich hat die Partei im Vergleich zu 2016 nicht nur Prozente, sondern auch reale Wählerinnen und Wähler verloren. Nur: Mit knapp zehn Prozent sitzt in Baden-Württemberg immer noch eine der größten AfD-Fraktionen. Was in der Öffentlichkeit erstaunlich wenig thematisiert wird. Wie kein anderer Landesverband müht sich die AfD hier, als bürgerliche Alternative wahrgenommen zu werden. Das ist sowohl die Strategie von Spitzenkandidat Bernd Gögel wie auch die des aus Baden-Württemberg stammenden Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen, obwohl Kandidatinnen und Kandidaten immer wieder mit rechtsradikalen Äußerungen auffallen. Und tatsächlich ließ sich im Wahlkampf beobachten, wie sich eine als bürgerlich inszenierte AfD im Mainstream festsetzt, weil viele regionale Medien – anders als Kontext, das jede menschelnde Berichterstattung über AfD-Personal ausschließt – ihr dafür Gelegenheit bieten. Wie sinnvoll ist es aber, einer vom Verfassungsschutz beobachteten Partei Bühnen zu bauen, auf denen es weniger um Fakten denn um Menschelndes geht?
Der SWR-Intendant im Dialog mit der AfD
Da gab es etwa, gut eineinhalb Wochen vor der Wahl, eine Ausgabe des SWR 1-Quotenhits "Leute". In der Woche, in der das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD offiziell des Rechtsextremismus und der Verfassungsfeindlichkeit bezichtigte, bekam deren Spitzenkandidat Bernd Gögel mehr als 30 Minuten Netto-Redezeit in eher kuscheligem Umfeld. Man erfuhr, dass Gögel einen Hund hat, einen Leonberger. Der, da zeigte sich Gögel angetan, Schwabe sei: "Er muss jede Anweisung, die man ihm gibt, zunächst einmal überprüfen, ob sie sinnvoll ist." Außerdem plauderte Gögel über seinen Enkel mit dunkler Hautfarbe, weshalb er es als "bedauerlich" befand, dass in Deutschland "Rassismus weit verbreitet" sei. Er dagegen sei ja in einer Partei, die damit kein großes Problem habe, schon wegen seines Enkels: "Wenn man sich auf unseren Plattformen umschaut, wird man sehen, dass das bei uns kein Thema ist."
9 Kommentare verfügbar
Peter Nowak
am 30.03.2021