In der AfD wiederum ist niemand von Gewicht bisher aufgefallen, der dem Irrsinn entgegentritt, dass es den "menschengemachten Klimawandel" gar nicht gibt. Bejubelt wird ganz im Gegenteil anderes: Die Debatte diene nur "der großen Transformation, einer Umwandlung der Weltgesellschaft nach kommunistischem Muster", behauptete neulich der AfD-Abgeordnete Hans Peter Stauch im baden-württembergischen Landtag. Denn: Immer noch gebe es Schnee im Winter, in diesem Oktober sogar die fünftstärkste Schneebedeckung der Nordhalbkugel seit dem Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1967, Extremwetterereignisse hätten nicht signifikant zugenommen, "auch wenn die Medien durch Katastrophenbilder etwas anderes mitteilen wollen".
Fake-Programm, Methode: Einschüchterung
So weit, so peinlich. So wie die notorische Diffamierung der "Mainstream-Medien", die selbst die verquersten UnionspolitikerInnen so nicht mittragen könnten, bei aller Abneigung gegen Schreiber- und Senderlinge. Seit wenigen Tagen läuft das "Mainstream-Aussteiger"-Programm der AfD unter dem Motto: "Dein Ausweg zurück zu unabhängiger Berichterstattung". O-Ton: "Sind Sie Journalist geworden, weil Ihnen die Wahrheit und die unabhängige Information der Bürger am Herzen liegen? Haben Sie die Nase voll von befristeten Verträgen und Stellenstreichungen? Wollen Sie wieder in den Spiegel schauen können, ohne dabei Georg Restle und Anja Reschke zu sehen?" Beides DauerkämpferInnen gegen Fake-News und Demokratieverachtung – die eine wird in AfD-Kreisen ständig verächtlich gemacht, der andere bekommt für klare Kante Morddrohungen.
Die Methode Einschüchterung hat System. Der neue Bundesvorsitzende Tino Chrupalla möchte "mit neuem Stil und neuer Sprache neue Wählerschichten erschließen", wie er unumwunden bekennt. Womit er zugleich erkennen lässt, dass es ihm nicht auf eine andere Substanz ankommt, sondern auf wählerwirksame Verkaufe. Laut "Spiegel" hat er seinen Kreisverband Görlitz "wie eine Sekte geführt, Kritiker seien mundtot gemacht worden". Öffentlich gemacht hatte diese Info am Dienstag der vergangenen Woche "Frontal 21" und wollte damit einen Beitrag ankündigen, der letztlich nicht gesendet wurde, weil Chrupalla, so berichtete "Spiegel Online", über die Anwaltskanzlei Höcker eine Unterlassungserklärung vom ZDF forderte. Ein Anwalt der Kanzlei vertritt auch den Kläger, gegen den Kontext vor Gericht steht.
Die Geisteshaltung, die aus solchen Vorgängen spricht, belegt, dass jede Zusammenarbeit selbst auf kommunaler Ebene scheitern muss – nicht erst, aber erst recht, wenn es Ärger gibt. Mal angenommen, ein AfD-Bürgermeister wäre in eine Klinik-Affäre verstrickt und würde sofort mit einer Unterlassungserklärung drohen. Überhaupt stehen die inhaltliche Total-Leere oder die persönlichen Animositäten unter den Rechtsrechten allen ernsthaften Kooperationen entgegen. Nur zur Erinnerung: Die Fraktion der "Alternative für Deutschland" im Stuttgarter Gemeinderat der vergangenen Periode hat sich aufgelöst.
Malte Kaufmann, der Kommunalpolitiker mit dem Doktortitel, fühlt sich bisher im Kreistag "gut integriert und fair behandelt". Kein Wunder, denn die großen inhaltlichen Themen, etwa in der Sozial-, Renten- oder Bildungspolitik, die durchschlagen könnten auf Entscheidungen vor Ort, sind im bisherigen Dauer-Selbstbeschäftigungsmodus der Partei noch gar nicht angepackt. Und blickt der begeisterte Twitterer über den Tellerrand hinaus, ist es schnell vorbei mit den Gemeinsamkeiten: So kommentiert er die Tatsache, dass der umstrittene Polizeigewerkschafter Rainer Wendt doch nicht Staatssekretär in Sachsen-Anhalt wird, mit "Wahnsinn (...) Welcher konservative Patriot will noch was mit der CDU zu tun haben?" Fragen über Fragen.
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1 Kommentar verfügbar
Waldemar Grytz
am 05.12.2019