Inmitten der größten Oppositionspartei im baden-württembergischen Landtag tobt vor dem Heidenheimer Parteitag am kommenden Wochenende ein erbitterter Richtungskampf zwischen rechtspopulistisch und rechtsradikal. Wie am Montag bekannt geworden ist, wollen mit den Landtagsabgeordneten Christina Baum und Emil Sänze zwei Personen um Posten im Landesvorstand der AfD kandidieren, die zu den treibenden Kräften hinter dem sogenannten Stuttgarter Aufruf zählen. Nach Einschätzung der "Zeit" finden sich unter 60 Erstunterzeichnern "Angehörige rechtsradikaler Burschenschaften oder Mitglieder, die sich offen rassistisch äußern".
Christina Baum selbst bezeichnet beispielsweise die Flüchtlingspolitik der Grünen als einen "schleichenden Genozid an der deutschen Bevölkerung" und nach Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz bedient sie sich bei ihren Äußerungen teils den "üblichen rechtsextremistischen Mustern". <link link: netzpolitik.org/2019/wir-veroeffentlichen-das-verfassungsschutz-gutachten-zur-afd/ - external-link-new-window>In dem 436 Seiten umfassenden Gutachten der Behörde</link>, das die AfD zum Prüffall erklärt und das ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Informationen basiert, wird auch ein Mitarbeiter Baums namentlich erwähnt: XXX XXX*, dessen Verbindungen zur NPD die Verfassungsschützer beschäftigen.
Vor Gericht allerdings versichert XXX eidesstattlich, fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu stehen. Und in der ersten Instanz, vor dem Landgericht Mannheim, kam er damit durch.
Im Mai 2018 berichtete Kontext erstmals über absolut menschenverachtende Äußerungen, die einem Facebook-Profil zu entnehmen sind, das unter Pseudonym geführt wurde und XXX XXX zuzuordnen ist. Der Redaktion wurde eine über vier Jahre andauernde Korrespondenz zugespielt, in der XXX seine Verehrung für Adolf Hitler und Benito Mussolini zum Ausdruck bringt. Chat-Nachrichten mit NPD-Funktionären, AfD-Mitgliedern, Burschenschaftlern und Neurechten. Intime Details aus XXXs Privatleben gehen die Öffentlichkeit nichts an. Allerdings – und das ist die feste Überzeugung der Redaktion, für die sie einen Rechtsstreit in Kauf genommen hat – ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten, einzelne Auszüge daraus dann öffentlich zu machen, wenn ein Mensch, der als Mitarbeiter im Landtag Zugang zu vertraulichen Informationen und den Sicherheitszonen des Parlaments hat, seinen Wunsch nach einem XXXX XX XXXXX bekundet und bei seiner Verhaftung XXXX XXXXXX will: XXXXX XXX XXXXXX XX, schreibt XXX.
Zwei Wochen nach der Veröffentlichung des ersten Berichts folgte ein, der sich mit den Reaktionen darauf im baden-württembergischen Landtag befasste. Schließlich verschärfte das Parlament auf Basis unserer Berichterstattung über XXX.
Christina Baum, die XXX gemeinsam mit dem AfD-Abgeordneten Heiner Merz beschäftigt, verteidigte ihren Mitarbeiter, bezeichnete dessen Vergangenheit als irrelevant und die Berichterstattung als Versuch, die AfD zu diskreditieren. XXX selbst zog vor Gericht und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Er sah sein Persönlichkeitsrecht verletzt, wollte lieber anonym bleiben und behauptete eidesstattlich, die ihm zugeschriebenen Äußerungen würden nicht von ihm stammen. Es müsse sich um Fälschungen handeln.
Warum löschte er sein Profil?
Die Anwälte von Kontext, Markus Köhler und Ingwert Müller-Boysen, legten elf Aktenordner vor, um die Authentizität der Chat-Protokolle zu beweisen. Material in einem Umfang, den Matthias Stojek in einem Eilverfahren für "nicht nachvollziehbar" hielt. Der Vorsitzende Richter am Mannheimer Landgericht wünschte sich in der mündlichen Verhandlung am 2. August 2018 lieber "ausgewählte tragfähige Argumente". Einen Tag später erließ er eine einstweilige Verfügung, die es Kontext untersagte weiterhin identifizierend über XXX zu berichten und ihm die strittigen Aussagen zuzuschreiben.
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