Zum dritten Mal schon hat das Parlament zu Wochenbeginn bei einer Sondersitzung über Ver- und Gebote in der Corona-Krise debattiert. Es ist, wie es immer ist: Selbst wenn sich AfD-RednerInnen konziliant geben oder sogar einsichtig, sie wollen übers Ziel hinausschießen. Fraktionschef Bernd Gögel, der den ScharfmacherInnen ohnehin viel zu zahnlos ist, könnte einfach die diversen Ausgangsbeschränkungen auflisten, die zwischen Ost- und Bodensee gelten sollen, nicht zwecks Einführung eines Obrigkeitsstaats, sondern um die Pandemie einzudämmen. Aber aus Ausgangsbeschränkung muss partout eine Ausgangssperre werden ("Das ist einmalig in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland"), weil es zur DNA der Rechtsaußenopposition gehört, zu skandalisieren, sich die Wahrheit zurechtzudrehen, Regeln zu verletzen und dem politischen Gegner mit nahezu allen Mitteln am Zeug zu flicken.
Wo das endet, ist Sitzungstag für Sitzungstag, wenn er nicht gerade wieder mal von der Teilnahme ausgeschlossen ist, an dem Stuttgarter Krebsmediziner Heinrich Fiechtner zu erleben. Der will immer alle ins Mark treffen und hat längst jedes leidlich angemessene Verhältnis zu Realität und parlamentarischen Gepflogenheiten verloren. Eigentlich müsste der 60-Jährige, der 2017 Fraktion und Partei verlassen hat, allen seinen früheren KollegInnen ein warnendes Beispiel sein. Ist er aber nicht, weil für die verbliebenen Fraktionäre Brüskierung zum Alltagsgeschäft gehört. Sie suchen nicht die Nähe zu Krawallmachern und Provokateuren, vor der ihr früherer Vorsitzender Jörg Meuthen erst kürzlich beim Bundesparteitag in Kalkar so eindringlich warnte, sie sind selber notorische KrawallmacherInnen und ProvokateurInnen. In Wahrheit ist das, was Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland verharmlosen möchte als "gärigen Haufen", nicht politikfähig. Auch nach innen nicht, denn wohl kaum von ungefähr ist der im hiesigen Landtag binnen viereinhalb Jahren Parlamentszugehörigkeit von 23 auf 15 alternative Köpfe für Deutschland geschrumpft.
"Destruktive Kräfte"
Als vorerst letzte ging neulich Doris Senger, Nachrückerin im Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschingen. Zum Abschied redet sie Klartext. Eine Zusammenarbeit "mit solch destruktiven Kräften aus dem ehemaligen Flügel" sei ihr "schlicht nicht mehr möglich". Die Wirtschaftsingenieurin wurde für die nächste Landtagswahl nicht mehr aufgestellt. Stattdessen wechselt Rüdiger Klos in den Süden des Landes, der direkt gewählte Noch-Abgeordnete aus Mannheim, der sich allerdings schon da den Ruf des "Mandatsnomaden" erworben hat. Und der "Mannheimer Morgen" zitiert zudem den örtlichen AfD-Sprecher Robert Schmidt mit dem Hinweis, dass Klos in seinem bisherigen Wahlkreis "auf keinen Fall" noch einmal nominiert worden wäre.
2 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 20.12.2020Eine Zusammenarbeit "mit solch destruktiven Kräften aus dem ehemaligen Flügel" sei ihr "schlicht nicht mehr möglich".
Wann wird die Tatsache sich in der Öffentlichkeit manifestieren, dass aus den _etablierten_ Parteien schon immer…