Ein Vergleich mit online geschalteten Mietangeboten zeigt, dass WG-Zimmer mit vergleichbarer Größe und Lage und in wesentlich besserem Zustand deutlich günstiger als 600 Euro sind. Zieht man in Rechnung, dass wegen der Größe und Anzahl der Gebäude Synergieeffekte eintreten, der Eigentümer offenbar darauf erpicht ist, bei Service und Instandhaltung weitere Kosten zu sparen und beispielsweise nur einen Rentner auf Minijob-Basis als Hausmeister beschäftigt, er sich zudem die Mieter nicht selbst suchen muss, sondern sie ihm auf Kosten des Steuerzahlers vermittelt werden, und dass die Mieten aus den Sozialbeiträgen bestritten und auf die Bewohner abgewälzt werden, sobald die etwas hinzuverdienen, sind die von Jobcenter und Sozialamt ausgehandelten Mietpreise als überaus großzügig zu beurteilen. Zwar weist der Pressesprecher der Stadt Stuttgart darauf hin, dass in den Sozialunterkünften keine Kosten für "Müll, Wasser, Heizung, Strom etc." anfallen würden und die Abnutzung dort viel höher wäre, doch kann dies allein den Unterschied nicht erklären. Solange sie Trott-war den Einblick in die Akten verweigert, lässt sich auch dieser Widerspruch nicht aufklären, und auch der Eigentümer kommt der Bitte von Trott-war nicht nach, die angeblich hohen Kosten durch ständige Neubeschaffungen mittels Rechnungen nachzuweisen. Der Augenschein lässt jedenfalls daran zweifeln.
Der Geschäftsführer der Stuttgarter Abfallentsorgung verdient sicher üppig an seiner Nebentätigkeit als "Hotelier". Grob überschlagen dürften seine monatlichen Einnahmen aus dem Vermieten von Sozialunterkünften in drei Gebäuden im fünfstelligen Bereich liegen.
Zum Hintergrund:
Trott-war hat beim Jobcenter und Sozialamt mehrmals die Einsicht in deren Vereinbarung mit dem Eigentümer und das Protokoll der letzten Inspektion des "Hotel Mohr" beantragt, aber nur ablehnende oder überhaupt keine Antworten erhalten. Auch die Einsicht in die Inspektionsprotokolle der Sozialunterkunft in Hedelfingen, bei deren Brand mehrere Personen verletzt wurden, darunter die zwölfjährige Tochter einer Trott-war-Verkäuferin, haben sie bislang verweigert, was ebenfalls einen klaren Gesetzesverstoß darstellt.
Der Kontakt mit dem Eigentümer des "Hotel Mohr" gestaltete sich ebenfalls schwierig. Auf einen Brief mit einigen Fragen zur Wohnsituation und den Mieten antwortete nicht etwa er selbst, sondern zunächst eine Angestellte der Zentralen Frauenberatung, die laut eigenem Bekunden gut mit ihm zusammenarbeitet. Die Zentrale Frauenberatung gehört zu den gemeinnützigen Organisationen, die mit dem Sozialamt zusammenarbeiten und den von Obdachlosigkeit bedrohten Mitbürgern Wohnraum in Sozialunterkünften vermitteln. Die Angestellte räumte zwar ein, dass sie die Verhältnisse im "Hotel Mohr" kenne und sie ebenfalls für kritisierenswert halte, sieht die Schuld dafür aber vor allem bei den Bewohnern.
Kurz darauf antwortete der Eigentümer doch noch. Auch er sieht die Schuld bei den Bewohnern, denen "eine vernünftige Mülltrennung nicht klar zu machen" sei, und die aus "anderen Kulturkreisen" stammen, "die zur Abfallfrage ein anderes Verhältnis haben, (sic) als wir in Deutschland". Außerdem hätten Kühlschränke und Küchenherde sowie andere Gebrauchsgegenstände häufiger ausgetauscht werden müssen.
Auf die anschließenden schriftlichen Nachfragen, ob ihm die Umsätze der drei Sozialpensionen nicht die Beschäftigung eines Hausmeister- und Putzdienstes ermöglichen würden, und ob er bereit wäre, die Renovierungen und Neuanschaffungen mittels Rechnungen nachzuweisen, antwortete er nicht mehr. Stattdessen suchte er am Rande einer Veranstaltung und mit mehreren Telefonanrufen das persönliche Gespräch zum Chefredakteur und Geschäftsführer von Trott-war, Helmut H. Schmid, und versuchte, ihm die Veröffentlichung dieses Artikels auszureden – was diesen, wie Sie sehen, nicht beeindruckte.
Trott-war hält die Behauptung der Angestellten der Zentralen Frauenberatung und des Eigentümers, die Schuld für die Verhältnisse im "Hotel Mohr" läge bei den Bewohnern, zwar für grundsätzlich glaubwürdig, doch zugleich pauschalisierend. Sie zeugt von Vorurteilen und einer fehlenden Rücksichtnahme auf diejenigen Bewohner, die sich einwandfrei verhalten und in annehmbaren und würdigen Zuständen leben wollen. Laut Auskunft der Stadt Stuttgart waren am 1. März dieses Jahres 805 Personen in Sozialunterkünften untergebracht, darunter 258 Kinder und minderjährige Jugendliche, für die die Sozialbehörden besonders Sorge zu tragen haben.
Die von allen Seiten anerkannten Probleme werden nicht dadurch gelöst werden, dass man sich immer wieder darüber beklagt und die Schuld pauschal den Bewohnern zuweist. Hier fehlt es offenbar an einem funktionierenden Konzept – die notwendigen finanziellen Mittel, es umzusetzen, sind zweifelsfrei vorhanden.
Eine andere Kategorie ist allerdings die Weigerung der Stadt Stuttgart, Trott-war trotz mehrfach gestellter einwandfreier Anträge Einsicht in Akten nehmen zu lassen, die die Recherche für diesen Artikel erheblich erleichtert hätten. Dies nährt – möglicherweise völlig unnötig – den Verdacht, dass zwischen städtischen Sozialbehörden und dem Geschäftsführer eines städtischen Unternehmens gemauschelt worden ist.
Trott-war wird das nicht hinnehmen, da dies einen deutlichen Verstoß gegen das Informationsfreiheitsgesetz des Landes darstellt, und rechtliche Schritte einleiten.
Das Verfahren und weitere Recherchen kann man mit einer Spende auf das "Trott-war"-Konto unterstützen. IBAN DE40600501010001102323, Verwendungszweck "Sozialhotel".
Info:
Der vorliegende Text ist die aktualisierte Fassung eines Artikels, der in der Septemberausgabe von <link https: www.trott-war.de home.html _blank external-link-new-window>"Trott-war" erschien. Die Straßenzeitung für Stuttgart und die Region wurde 1994 gegründet, das monatlich erscheinende Blatt beschäftigt sich mit Themen des Arbeitsmarkts und der lokalen Sozialpolitik. Durch den Zeitungsverkauf will "Trott-war" zudem Menschen mit geringem Einkommen eine Perspektive bieten.
2 Kommentare verfügbar
Horst Ruch
am 19.10.2018Sicherlich nicht.
Die Anfrage von „Trott-war“ ist zwar berechtigt, aber keinesfalls erzwingbar.
Ich denke, daß es für die Klientel/Hotel garni nicht erstrebenswert ist, sich in einer
3/4 Sterne Hotelanlage…