Frau Lutum-Lenger, sind Sie ein misstrauischer Mensch?
Nein, ich habe großes Vertrauen.
In wen vor allem?
In unsere Institutionen und unsere Zivilgesellschaft.
Womit wir mitten in der Großen Landesausstellung wären, "Vertrauensfragen. Der Anfang der Demokratie im Südwesten 1918-1924". Sind Sie erschrocken darüber, dass so viel Aktualität in der Thematik steckt?
Ja und nein. Wenn das von uns für dringlich gehaltene Gegenwartsproblem heute noch aktueller ist als zu Beginn unserer Ausstellungsplanung, dann ist das politisch unerfreulich. Es verleiht unserer Ausstellung aber auch zusätzliches Gewicht. Das vergangene Wochenende zeigt einerseits, wie mangelndes Vertrauen sich auf Wahlen auswirkt, und andererseits, wie groß das Potenzial einer auf sich selber vertrauenden Zivilgesellschaft ist. In Berlin sind eine Viertelmillion Menschen auf die Straße gegangen für eine bessere Welt, um sich gegen Hass zu positionieren: "Hass ist keine Meinung" ist doch ein wunderbarer Satz.
Mit Blick auf die junge Weimarer Republik drängt sich der Gedanke auf, was wäre, wenn wir heute nicht in wirtschaftlich derart prosperierenden Verhältnissen lebten?
Vergleiche dieser Art sind immer schwierig. Wir wollen Ausstellungen verstehen in ihrer Zeit. Wir haben heute trotz Protestwählern und der Erosion der Volksparteien lange nicht diesen massiven Vertrauensverlust wie nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Und auch nicht die Hyperinflation von damals. Es lohnt den Blick auf Errungenschaften, auf das Frauenwahlrecht zum Beispiel oder darauf, dass eben nicht hinter jeder Ecke die Stasi oder die Gestapo lauert und was es bedeutet, dass wir uns frei äußern und versammeln können. Wir haben eine der besten Demokratien, die es gibt.
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Lina Peters
am 19.10.2018