Das geht runter wie Öl: endlich ehrliches, unverstelltes Lob in schweren Zeiten. Marko Schumacher, Sportredakteur der "Stuttgarter Zeitung", Vater von vier Kindern und vielgelesener Kolumnist, erzählt von Weihnachtsferien, die nie länger gewesen seien als in diesen Corona-Zeiten und davon, wie irgendwann auch Kniffel, Halma und Mensch ärgere dich nicht keine Option mehr darstellen und er sich nur noch dunkel an sein früheres Vorhaben erinnerte, den eigenen Nachwuchs vom Fernseher weitgehend fernzuhalten. Rettung in der Not erhoffte er sich in diesem aufgewühlten Zustand von der Kultusministerin, "im Sinne des allgemeinen Familienfriedens".
Die kämpfte tatsächlich wie der Ritter von der traurigen Gestalt gegen Windmühlen für die Wiederöffnung von Schulen und Kitas im neuen Jahr – und zwar unabhängig von der Entwicklung der Corona-Zahlen. Das ist hochriskant in jeder Beziehung, nicht nur wegen Ausbreitung des Virus. Für Eltern aber war es ein Lichtblick. Mit dem Titel Superheldin adelte Schumacher die 59-Jährige, in der durchaus weitverbreiteten Hoffnung, sie könne mithelfen, endlich wieder Frieden zu schaffen in den elterlichen Arbeitszimmern oder am Küchentisch, weil die geliebten Blagen zurück können in ihren Klassenverband, in die so schmerzlich vermisste Struktur des Unterrichts- und Betreuungsalltags.
Dass Eisenmann überhaupt für die Idee geworben hat, rechnen ihr nicht nur die selbst in der eigenen Partei weniger werdenden Fans als bemerkenswerten Einsatz an. Sogar Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), den sie so gerne aus der Villa Reitzenstein vertreiben möchte, verteidigte die Herausforderin und nannte es "total verständlich", dass sich eine Kultusministerin für Präsenzunterricht einsetzt. Wie die promovierte Germanistin mit der inzwischen jahrzehntelangen politischen Erfahrung diese und andere Positionen vertritt, offenbart aber zugleich das Fehlen strategischer Leitplanken. Denn was nützt es einer Spitzenkandidatin, die angesichts ihres mageren Bekanntheitsgrads auf sich aufmerksam machen muss, wenn sie für Schlagzeilen sorgt, die ohne positive Folgen bleiben? So bringt sie nicht nur ihre GegnerInnen unter Eltern oder Lehrkräften gegen sich auf, sondern enttäuscht auch die, die auf eine Superheldin hofften.
Keine Fragen an eine Ministerpräsidentin
Alle AnhängerInnen, die die frühere Stuttgarter Schulbürgermeisterin dazu drängten, Landesinnenminister Thomas Strobl die Spitzenkandidatur 2021 nicht nur streitig zu machen, sondern tatsächlich abzuluchsen, wussten, was sie taten. Denn KultusministerInnen sehen sich immer, wie auch Eisenmann selber sagt, mit der Hypothek belastet, bei den allermeisten Entscheidungen die Hälfte der Eltern und mindestens die Hälfte der Lehrkräfte gegen sich zu haben. "Ich verspreche euch, ich werde alles geben", rief die gerade frisch gebackene Spitzenkandidatin im Juli 2019 strahlend und bewegt. Gestärkt durch gut 95 Prozent der Stimmen kündigte die machtbewusste Ministerin an, "eine Bewegung zu schaffen, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, um zu zeigen, dass die Zukunft wieder von der CDU gestaltet werden muss".
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Katharina
am 17.01.2021