"Hättest Du geschwiegen, wärest Du Philosophin geblieben", schreibt einer im Netz und liefert gleich eine sehr freie schwäbische Übersetzung mit: "Heddsch dei Gosch ghalde, no hedd koi Sau gmergt, dass des net kansch." Die frühere Stuttgarter Schulbürgermeisterin und jetzige Landeskultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) stellte sich am vergangenen Freitag den Comedians Lutz van der Horst und Fabian Köster in der ZDF-"heute-show" für eine Spezialausgabe zur "Bildungsmisere in Covid-19-Zeiten". Da hätten schon alle Alarmlämpchen blinken müssen in Stuttgart. Eisenmann, nach so vielen Jahren in einschlägiger Verantwortung, eine Kronzeugin für die Bildungsmisere, konkret für die gerade im Südwesten arg humpelnde Digitalisierung?
Aber die Verlockung, sich bundesweit vorstellen zu lassen als "vielleicht demnächst Ministerpräsidentin", war einfach zu groß. Ohne die schlagfertige Leichtigkeit, die sie schon mal an den Tag legen kann, spaßfrei in Fallen tappend, am Ende nolens volens beteuernd, sie werde mehr als 0,6 Prozent einfahren für ihre CDU, absolvierte die 55-Jährige einen denkwürdigen Auftritt. Seither wird mächtig geätzt in der digitalen und in der realen Welt. Was ihr einigermaßen egal sein könnte, wenn die Performance abseits von Satiresendungen stimmte.
Die aber klappt ebenso wenig. Zum Beispiel im Umgang mit Kommunen. Nächste Woche startet der von der Ministerin versprochene "Regelbetrieb unter Corona-Bedingungen". Gerade jetzt werden die Stimmen immer lauter, die – von allem Inhaltlichen abgesehen – auf beträchtliche organisatorische Schwierigkeiten im Schulbereich verweisen. Keineswegs kommen sie nur von der Opposition oder den Bildungsverbänden. Auch Schulträger melden sich, etwa weil es mit dem vorhandenen Personal nicht zu leisten ist, mehrmals am Tag jeden Lichtschalter in den Klassenzimmern zu desinfizieren. Oder weil die baulichen Verhältnisse in hunderten Schulgebäuden im Land eine Umsetzung der Hygieneregelungen schier unmöglich machen.
CDU nicht mehr im Harmonierausch
"Sie müsste nur einmal ernsthaft zuhören", fasst ein Vertreter der kommunalen Spitzenverbände die Stimmung zusammen. Stattdessen lässt Eisenmann schriftlich mitteilen, "kein Verständnis" zu haben: "Wir unterstützen die Schulträger finanziell bei Neuinvestitionen in Schulgebäude sowie seit einigen Jahren bei der Sanierung und erwarten deshalb ganz klar, dass die Schulträger ihrer Verantwortung nachkommen." Die Ohrfeige war nur einen Tag alt, da läuteten bei CDU-Abgeordneten schon die Handys "mit der Bitte von Bürgermeistern, mäßigend auf die Ministerin einzuwirken", berichtet ein Nordbadener.
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Martha Reiser
am 13.09.2020