Gelernt hat die heutige Kultusministerin Susanne Eisenmann den Politikbetrieb bei Günther Oettinger, als der CDU-Fraktionschef im Landtag war. Satte 14 Jahre lang leitete sie sein Büro. Wie er kennt sie die Partei aus dem Effeff. Vor allem aber: Eisenmann und ihr Ehemann, der frühere Regierungssprecher Christoph Dahl, durften – ganz nahe dran am heutigen EU-Kommissar – genau studieren, welche Fehler auf dem Weg hoch in die Villa Reitzenstein und vor allem oben angekommen besser nicht gemacht werden. Viele in der Partei sagen, zwei Dinge könne sie ohnehin schon lange viel besser als der Spiritus Rector: austeilen und einstecken.
Nach dem Burgfrieden beim Weingartener Landesparteitag vom vergangenen Wochenende wird der Schlagabtausch der Lager in der Südwest-Union spätestens am Tag nach den Kommunal- und den Europawahlen am 26. Mai in die nächste Runde gehen. Ihre UnterstützerInnen schreiben der 54-Jährigen Chancen als Spitzenkandidatin zu selbst für den – aus heutiger Sicht wahrscheinlichen – Fall, dass der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann 2021 noch einmal antritt. Vor allem aber wird von ihr erwartet, die CDU wieder auf Augenhöhe mit den Grünen zu bringen und, sollte es in zwei Jahren noch nicht klappen, alle Karten auf den Machtwechsel 2026 zu setzen. Ob sie antritt als Spitzenkandidatin zur Landtagswahl in zwei Jahren, das wurde in Weingarten schon gar nicht mehr diskutiert unter denen, die <link https: www.kontextwochenzeitung.de schaubuehne thomas-strobl-ist-ueberall-4726.html _blank internal-link>den derzeitigen CDU-Landeschef Thomas Strobl verhindern wollen, sondern nur noch, wann und wie der Hut ganz offiziell in den Ring geflogen kommt.
Erfahrungen mit dem richtigen Zeitpunkt hat sie nicht nur in der Politik gesammelt. Als Oettinger einst auf einer New-York-Reise einen TV-Sender im Rockefeller Center besuchte, lief ein Basketballspiel auf Dutzenden Schirmen. Das passe gerade nicht zu Deutschland im Tennisfieber, meinte einer der Gesprächspartner in neidvoller Anspielung auf Boris Becker und Steffi Graf. Eisenmann, Tennis- und Handballspielerin, mischte sich ein in den Austausch über Ballsportarten, erzählte von ihren Talenten als Kreisläuferin, die – im Idealfall – immer den richtigen Moment erkennen muss, das Richtige zu tun, robust und wendig, vielseitig mit und ohne Ball.
Politik statt Mittelalter
Das freundschaftliche Verhältnis zum früheren Chef unterhält sie bis heute. Es war schnell gewachsen, nachdem Oettinger die promovierte Germanistin nicht als nachgeordnete Befehlsempfängerin, sondern als Beraterin an seine Seite holte, 1991 direkt von der Uni. Sie habe sich damals gut eine wissenschaftliche Karriere am Lehrstuhl für mittelalterliche Germanistik vorstellen können, erinnert sie sich. Und daran, wie überrascht sie war über das Angebot, in den Landtag zu wechseln.
Mit Lothar Späth musste damals der zweite CDU-Ministerpräsident in Folge nach Hans Filbinger abtreten. Erwin Teufel wurde Ministerpräsident und Oettinger sein Nachfolger im Fraktionsvorsitz. Der junge Jurist mit dem markanten Schnellsprech scharte ein munteres und karriereorientiertes Team um sich. 1994 zog Eisenmann in den Stuttgarter, Gemeinderat ein, 1999, mit 34, wurde sie stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion, vier Jahre später rückte sie zur Chefin auf, um 2005 zur Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport gewählt zu werden. Eine Mischung, die jede Menge Gelegenheit zur Profilierung bot, von Verhandlungen mit Theaterintendanten über die millionenschwere Auflösung des Sanierungsstaus an Schulgebäuden bis zur Organisation einer Kinderbetreuung während der Fußball-WM für Fans, die eines der fünf Stuttgarter Spiele im Stadion oder beim Public Viewing sehen wollten.
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Thomas Kniep
am 13.05.2019