Stellvertreter Strobl ist Kult, jedenfalls bei den Fans des schwäbischen Kabarett-Altmeisters Matthias Richling. Immer und immer wieder schlüpft der in seinen Shows in die für Strobl so wenig schmeichelhafte Doppelrolle, in der er einmal den Ministerpräsidenten und einmal seinen Vize verkörpert – womit er dem Publikum regelmäßige Lachsalven entlockt: Winfried Kretschmann doziert im Staatsministerium über Gott und die Welt, immer von oben herab, weil stehend. Neben ihm sitzt, durch eine Bildmontage eingefügt, sein Stellvertreter, geschrumpft ringt er um Anerkennung, mit mäßigem Erfolg. Genau wie im richtigen Leben.
Am Wochenende auf dem Parteitag in Weingarten stellt sich der Parteichef zum vierten Mal der Wiederwahl. Er mache der CDU ein Angebot, sagte er im Vorfeld, "mit meiner Person, mit meinen Ideen und Vorstellungen, warum ich unserer stolzen Partei in diesem wichtigen Amt weiterhin dienen möchte". Und dann warte er "in Demut" das Wahlergebnis ab. Darin hat er Übung. Beim ersten Mal, anno 2011, gab es mit Winfried Mack sogar einen Gegenkandidaten und erhebliche Zweifel, dass mit Strobl ausgerechnet der langjährige Generalsekretär von Günther Oettinger und Stefan Mappus den Landesverband aus seinem Tief würde führen können. Am Ende stimmten 64 Prozent für ihn. Vor eineinhalb Jahren und ohne Gegenkandidaten musste der Heilbronner mit nicht gerade üppigen 82 Prozent zufrieden sein. Strobls Schachzug, den Parteitag in der Erwartung größtmöglicher Geschlossenheit zwei Wochen vor der Bundestagswahl abzuhalten, erwies sich nicht gerade als Kassenschlager.
Gespaltene Union will Einheit signalisieren
Jetzt, am Wochenende in Weingarten, versucht es der Parteivorsitzende noch einmal mit dem Terminierungstrick. In drei Wochen sind Kommunal- und Europawahlen. Zudem geht die durch den Tag der Arbeit verlängerte parlamentarische Osterpause eben erst zu Ende, so dass Strobl sich die lästige Landtagsfraktion im Vorfeld des Parteitags vom Hals halten kann. Die dienstägliche Regierungspressekonferenz nutze er nicht, um rechtzeitig vor dem entscheidenden Freitag noch offensiv eigene Duftmarken zu setzen. Stattdessen ist die Strategie eher auf Vermeidung angelegt. Von bohrenden Fragen zum Beispiel, warum es nicht vorangeht im Wohnungsbau, in der Grundsteuer, im Klimaschutz, mit der vom ihm selber so vollmundig angekündigten neuerlichen Novelle des Polizeigesetzes samt Online-Durchsuchungen, die der grüne Koalitionspartner bisher strikt ablehnt. Oder darum, ob Show-Termine wie der Runde Tisch zur Verbesserung des Brandschutzes in heimischen Kirchen wirklich zeitgemäß sind, angesichts der vielen schwierigen grün-schwarzen Baustellen. "So kann er wenigstens unbelastet von negativen Schlagzeilen in den Parteitag gehen", sagt einer jener Abgeordneten, die dem Schwiegersohn von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in Abneigung zugetan sind.
Viele von ihnen bestreiten vorsichtshalber schon jetzt, dass ein womöglich ordentliches Ergebnis der Vorsitzendenwahl in Weingarten irgendeine Aussagekraft zum heiklen Thema Spitzenkandidatur besitzt. Das wiederum ist allerdings ebenfalls mutig. Denn würde Strobl, gegen den bisher niemand antreten will, mit über 85 oder noch mehr Prozent wiedergewählt, wäre nur mühsam zu erklären, wieso ein halbes Jahr später seine Fähigkeiten, die Partei in den nächsten Wahlkampf zu führen, derart in Frage gestellt werden. "Wir haben uns in eine schwierige Lage manövriert", räumt ein Vorstandsmitglied ein, das "zu Susanne Eisenmann tendiert". Aber eben auch nur ohne Namensnennung und hinter vorgehaltener Hand. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
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Rolf B Schmid
am 11.10.2019