So nah waren sich Schulen und Familie noch nie. Und alle lernen sich neu kennen: Kollegien und RektorInnen, Verantwortliche vor Ort und in der Verwaltung, Eltern und ihre Kinder. "Die einen stellen fest, dass die Anforderungen für ihre Sprösslinge viel zu gering sind", schreibt eine Lehrerin in einem der vielen Foren, "andere müssen erkennen, wie wenig ihre Kinder wirklich können, und es gibt Eltern, die ihre Einstellung zu unserer Arbeit gerade ändern, weil sie sich endlich mehr mit dem Schulalltag befassen müssen, oder sogar weil sie erleben, wann und wie ihre Kinder die Mitarbeit konsequent verweigern." Eltern seien die neuen Lernbegleiter.
Schon dieser Begriff bringt konservative und liberale BildungspolitikerInnen oder solche, die es noch werden wollen, auf die Palme. Die grün-rote Vorgängerregierung habe Lehrer zu Lernbegleitern degradiert, fabulierte CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart während der grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen 2016. Der neue Typ PädagogInnen stünde für eine falsche Lernkultur ohne Noten, Leistungserwartung und pädagogische Verbindlichkeit, frei nach dem Motto "Jeder macht, was er will, aber keiner muss mehr können, was er eigentlich können sollte". Georg Wacker (CDU), bis 2011 Staatssekretär im Kultusministerium und inzwischen Toto-Lotto-Chef, machte einen diskriminierenden Unterschied zwischen "Lernbegleiter" und "Orientierung gebender Lehrerpersönlichkeit". Timm Kern (FDP) prognostizierte "Niveauverluste", wenn mit Arbeitspapieren in Lernateliers Aufgaben eigenständig gelöst und "Schüler begleitet statt von Lehrern unterrichtet werden".
Und nun nach vier Wochen Schule at home? Nun ist guter Rat teuer, weil alle jene, die die Sinnhaftigkeit neuer Lern- und Lehrformen so massiv in Abrede stellten, weit über den eigenen Schatten springen müssten, um die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen. Denn Grundlage aller Neuerungen müsste die Analyse von Soll und Haben des Einsatzes digitaler Hilfsmittel sein. Viele Schulen haben Hervorragendes geleistet, nur eine Schulart sticht allerdings als Ganzes hervor: ausgerechnet die bei CDU und FDP so ungeliebte Gemeinschaftsschule. Denn eigenverantwortliches Lernen ist dort eine Selbstverständlichkeit, seit Winfried Kretschmanns grün-rote Landesregierung ihr 2012 zum Neustart verhalf, ebenso der Umgang mit dem Computer, oder dass Kinder und Jugendliche mit der Hilfe von Kompetenzrastern sich selber einschätzen.
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NKs
am 20.04.2020Man wird feststellen, wie auch bei Homeoffice und Videokonferenzen, dass die Angebote eine gute Ergänzung sein können. Nicht mehr und nicht weniger.
Von dem Problem der Teilhabemöglichkeiten, die der…