An Dreikönig waren die Liberalen immer in ihrer Blase, schon als es den Begriff noch gar nicht gab. 2020 wird das ausgerechnet in der Umweltpolitik besonders augenfällig. Direkt an der B14 will der Bundesvorsitzende auf Vernunft setzen, darauf, "dass die Leute verantwortungsvoll mit ihrer Freiheit umgehen". Als hätte Stuttgart nicht seit inzwischen vier Jahren einen Großversuch hinter sich, Fahrverbote zu vermeiden durch freiwilligen Umstieg auf Bus und Bahn, Rad und eigene Füße. Bekanntlich ist die Operation misslungen, nicht zuletzt weil FDP-Kommunal- oder LandespolitikerInnen nur Häme für das Instrument des Feinstaubalarms übrig hatten. Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach gar von einem "Vernichtungskampf" der Grünen gegen das Auto, namentlich von Verkehrsminister Winfried Hermann.
Wie weit der Weg zu den so oft beschworenen blau-gelben umweltpolitischen Wurzeln aus den 1970ern ist, belegen Liberale an diesem FDP-Dreikönigstreffen gleich mehrfach. Zum Beispiel die forsche Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die 61-jährige Bundestagsabgeordnete, die sich selber als leidenschaftliche Motorradfahrerin beschreibt, will im Herbst Oberbürgermeisterin in ihrer Heimatstadt Düsseldorf werden. In der Stuttgarter Oper erzählt sie, wie sie sich dort am Straßenrand stehend als Mitfahrerin anbot an einer der drei neuen Umweltspuren, die nur von mit mindestens drei Leuten besetzten Autos befahren werden dürfen. Besonders perfide ist, dass sie auch noch einen Assistenten dabei hatte bei der provokanten Aktion Ende November. Einem jungen Wuppertaler, berichtet sie freudestrahlend, konnte auf diese Weise geholfen werden, weil er dank der beiden neuen Insassen am Stau vorüberrauschen durfte.
Applaus in der Stuttgarter Oper, und kein Wort davon, dass an neuralgischen Punkten Düsseldorfs, das wie Stuttgart von weiteren Fahrverboten bedroht wird, die Stickoxidbelastung "teilweise deutlich" gesunken ist. Und natürlich kein Wort davon, dass all die Polemik des bürgerlichen Lagers im dortigen Gemeinderat vorerst gar nichts bewirkt hat und der Modellversuch zur Verbesserung der Luftqualität per Beschluss fortgesetzt wird.
Schräge Ideen zur Verkehrsberuhigung
Ihm seien "alle Bemühungen willkommen, für Fahrgemeinschaften auf der Umweltspur zu werben", hat Düsseldorfs SPD-OB Thomas Geisel betont gelassen auf die schräge Idee seiner Herausforderin reagiert. Von seinem Kurs abbringen lässt sich der gebürtige Ellwanger, dessen Vater Alfred Geisel viele Jahre SPD-Abgeordneter und Vizepräsident in Baden-Württembergs Landtag war, ohnehin nicht. Erst recht nicht beim nächsten seltsamen Einfall der liberalen Dame, ein Bestattungsunternehmen zu unterstützen, das eine Sondererlaubnis beantragt hat, weil in den eigenen Autos immer drei Leute unterwegs seien – einer im Sarg.
Mit das Schlimmste an der Neuaufstellung 2020 ("Bleiben wir frei. Denken wir groß.") ist das grassierende Desinteresse an der Realität. Strack-Zimmermann hätte sich gut mit der Stuttgarter Landtagsabgeordneten Gabriele Reich-Gutjahr unterhalten können. Die hatte konsequent bis zur Selbstaufgabe und selbst dann, wenn nur eine Handvoll Zuhörer kamen, Stimmung gegen Fahrverbote zu machen versucht, auch vor der Kommunalwahl. Danach kletterte die FDP um magere zwei Punkte auf knapp acht.
5 Kommentare verfügbar
D. Hartmann
am 14.01.2020Könnten Sie bitte die Quellen für Ihre Zahlen nennen?
Woher stammen denn diese Zahlen?
Einige davon sind offensichtlich nicht richtig, d. h. nicht einmal "halbwahr" sondern "glatt falsch". Vielleicht wurde diese ja interessierten Kreisen "erfunden".
Ein Beispiel:…