"Der Welt Schlüssel heißt Demut", sagt der Schriftsteller Christian Morgenstern, "ohne ihn ist alles klopfen, horchen und spähen umsonst." Von wegen, klopfen, horchen oder spähen, und schon gar nicht Demut. Stattdessen wurde von Jahr zu Jahr immer lauter gepoltert auf dieser Stuttgarter Opernbühne. Da war kein Platz mehr für Charakterdarsteller wie Ralf Dahrendorf, für die von und zu Lambsdorff oder Solms, schon gar nicht für den pater familias Hans-Dietrich Genscher. Stattdessen immer neue Heilsbringer vom Schlage Gerhardt, Westerwelle, Brüderle und Rösler. Der vorerst letzte Höhepunkt kam beim Dreikönigstreffen 2013, das unter dem Damoklesschwert stabiler zwei Prozent in der Demoskopie zum Hochamt der Scheinriesen wurde.
Die Bundestagswahlen war noch acht Monate entfernt, das Spitzenteam jedoch schon voll im Marktplatzmodus. "Holen Sie den Kampfanzug aus dem Schrank", verlangte die Landesvorsitzende Birgit Homburger in schwarzer Lederkluft, und Rainer Brüderle, ihr Nachfolger an der Spitze der Bundestagsfraktion, bellte in sich überschlagendem Pfälzisch: "Wir sind auf dem richtigen Kurs!" Und Spitzenkandidat Dirk Niebel schrieb ohne jede falsche Bescheidenheit der FDP und ihren Ministern zu, dass Deutschland das beliebteste Land auf der Erde ist. Bloß nur nie mal eine Nummer kleiner, sondern immer nach der Devise eines Stammgasts: "Wir sind schon so klein wie noch nie, wir müssen uns nicht noch selber klein reden." Beim Landesparteitag, traditionell tags zuvor, macht ein Dialog die Runde. "Bald wird man uns unter Sonstige suchen", graust es den einen Liberalen. "Nicht nur suchen, sondern finden", kontert der andere.
Dreikönig künftig in Fabrikhallen statt in der Oper?
2014 ist die Partei diesen entscheidenden Schritt weiter. "Wir wagen den Neuanfang" steht heute in großen gelben Lettern auf der Homepage. Und dass das Dreikönigstreffen in Gefahr sei: "Sie können helfen, die einmalige 150-jährige Tradition zu erhalten. Spenden Sie hier." So sieht es aus, wenn sich Schwäche mit Pech paart. Denn die Verantwortlichen im Staatstheater lassen möglicherweise den letzten Vorhang fallen. Nicht, dass sie etwas gegen die FDP hätten, sondern des Prinzips und des Geldes wegen. Gerade den alt- und neoliberalen Steuersenkungsanhänger müsste gefallen, wenn sich eine öffentliche Einrichtung marktkonform oder zumindest -konformer verhält als bisher. Das Mietgeschenk von 4500 Euro ist ohnehin schon Geschichte, aber auch die zuletzt fälligen 10.000 Euro können Aufwand und Ausfall bei weitem nicht ausgleichen. 30.000 Euro müssten berappt werden, gerade angesichts der Tatsache, dass im normalen Opernbetrieb an solch einem Tag mehr als 100.000 Euro eingespielt werden könnten. Der neugewählte Landesvorsitzender Michael Theurer, ein alter Hase in der Partei, der zum dreißigsten Mal Dreikönig miterlebt, zeigt Verständnis. Der Landeschatzmeister plädierte kürzlich gar dafür, Parteitage in Fabrikhallen zu veranstalten, wenn die umsonst zu haben sind.
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Philippe Ressing
am 04.01.2014