Im Leitbild fordert die Landesregierung Hilfe von Kommission und EU-Parlament für Reisen von SchülerInnen – finanziell wie organisatorisch. Dabei gibt es längst entsprechende und zudem umfangreiche Programme. Das Spannungsfeld zwischen Bemühen und Verständlichkeit, darum, Interesse zu wecken, und der Gefahr, sich im Unverbindlichen zu verlieren, wird sichtbar in den vielen Bekenntnissen des Leitbilds: zu einer EU, "die ihre gemeinsamen Werte lebt", die "von unten aufgebaut ist" sowie "handlungsfähig, rechtsstaatlich und demokratisch", die "Wohlstand und soziale Sicherheit bringt" oder "die Schöpfung und die natürlichen Lebensgrundlagen bewahrt".
Dass Bring- und Holschuld zwei Seiten einer Medaille sind, unterstreicht beispielsweise der Hinweis auf die Bedeutung einer europäischen Öffentlichkeit und insbesondere auf eine tiefere und breitere Auseinandersetzung mit der EU in den Medien. Dabei werden nicht nur alle Plenardebatten im Netz übertragen, sondern zudem sämtliche Ausschusssitzungen. Sogar Pressekonferenzen sind ohne jede Barriere live zu sehen und jederzeit in der Mediathek abrufbar. Von allen umfassend dokumentierten Grün- oder Weißbüchern und den zwar ausbaufähigen, aber immerhin vorhandenen Transparenzregistern ganz zu schweigen.
Und schließlich gibt es <link http: www.europe-direct-stuttgart.de external-link-new-window>"Europe direct"-Büros in Ulm und Karlsruhe, in Freiburg oder Stuttgart mit diversen Angeboten, Links und Möglichkeiten für Praktika. Wer Publikationen anklickt, wird weitergeleitet zum Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union und darf sich die Augen reiben, wie viele Studien, Statistiken und Infos vorgehalten werden. Es gibt dort sogar eine "Kinder-Ecke", und auch eine Bestseller-Liste wird ständig aktualisiert. "Die EU und ich" ist besonders beliebt oder "Europa in 12 Lektionen".
Der Brexit müsste mahnendes Beispiel sein
Aber wie sind damit die vielen Nichtinteressierten zu erreichen, die Gleichgültigen oder die Grollenden, die mit Europa nichts am Hut haben und haben wollen? Immer wieder kamen die BürgerInnendialoge des Landes auf das Thema Jugend zu sprechen, die gerade im Wahljahr stärker für die EU interessiert werden müsse, speziell die ErstwählerInnen.
Denn spätestens seit der Volksabstimmung zum Brexit muss ein großes Thema sein, wohin es führt, wenn entscheidende Teile des Publikums zu bequem, zu passiv, zu wenig informiert sind, um ihr Wahlrecht wahrzunehmen. "Weit über 70 Prozent der Unter-30-Jährigen waren für den Verbleib Großbritanniens in der Union, aber nur 30 Prozent sind zur Wahl gegangen", beklagte Martin Schulz <link https: www.kontextwochenzeitung.de kultur die-herkunft-der-busfahrer-5651.html _blank external-link>kürzlich bei einer Veranstaltung im Stuttgarter Literaturhaus.
Gerade das Thema ErstwählerInnen ist für Baden-Württemberg nicht neu: Schon vor fast zwei Jahrzehnten hatte der damalige CDU-Ministerpräsident Erwin Teufel eine Diskussion zum Thema "Jung, dynamisch, Nichtwähler?" veranstaltet, bei der unter anderem "der Niedergang einer als verbindlich betrachteten Wahlnorm" beklagt wurde. Taten folgten den Worten nicht. Erst recht nicht, als sich die dramatisch niedrige baden-württembergische Wahlbeteiligung von knapp 41 Prozent 1999 bei der fünften Europawahl 2004 wieder leicht erholte auf 54.
6 Kommentare verfügbar
Charlotte Rath
am 25.01.2019Wenn ich weiß, dass die EU-Landwirtschaftskommission es fertig bringt, zugleich die Erschließung neuer Märkte zu subventionieren (weshalb die…