So hat sich der Kehler Professor das sicher nicht vorgestellt: Jörg Meuthen, der frühere Chef der AfD-Landtagsfraktion, brach 2017 nach Brüssel auf, um für Harmonie und Schlagkraft am erstarkenden rechten Rand des EU-Parlaments zu sorgen. Leicht gesagt, schwer zu bewerkstelligen. Schon allein deshalb, weil in Brüssel und Straßburg wenig Platz ist für Befehl und Gehorsam und hierarchische Entscheidungen. Jeder Vorschlag der EU-Kommission wird, ganz anders als Gesetze, die aus Ministerien in den Bundestag oder in die Landtage kommen, gedreht und gewendet, diskutiert und beraten und gerne mit wechselnden Mehrheiten und grundsätzlich ohne Fraktionszwang beschlossen.
Hinzu kommt, dass der rechte Laden, der nach den EU-Parlamentswahlen endlich populistisch auf die Pauke hauen will, zersplittert ist wie kein anderer, weil überproportional gesegnet mit Egomanen, allen voran: Matteo Salvini. Der Mailänder Separatist träumt von einem eigenständigen Padanien, einem sich auf seine keltischen Wurzeln berufenden Nord- und Mittelitalien. Und von der Juncker-Nachfolge im Amt des Kommissionspräsidenten. Dazu müssten die Anti-EuropäerInnen stärkste Kraft werden. Und sie müssten sich auf einen Menschen mit, selbst für rechte Verhältnisse, schräger Biographie verständigen.
Im von Rom nie anerkannten Parlament Padaniens mit Sitz in Mantua vertrat Salvini Ende der Neunziger Jahre die Kommunisten. 2004 ging er nach Brüssel und Straßburg und schloss sich der Fraktion Unabhängigkeit/Demokratie an. Später wechselte er zu den rechtsnationalen Bündnissen "Europa der Freiheit und direkten Demokratie" (EFDD) und "Europa der Nationen und der Freiheit" (ENF). Den Euro hält der Studienabbrecher, in Italien mittlerweile Innenminister und Vize-Regierungschef, für eine "kriminelle Währung". Und die EU kommt ihm "schlimmer" vor als die Sowjetunion. "Freunde aus verschiedenen Ländern", erklärte er vor Wochen per Interview mit "La Repubblica", hätten ihn darum gebeten, als Kommissionspräsident zu kandidieren.
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Andromeda Müller
am 06.01.2019