Alfred Denzinger hatte bei den Behörden schriftlich widersprochen, dass diese Einträge und Informationen über ihn löschen, ehe eine gerichtliche Aufarbeitung erfolgt ist. Das Bundespresseamt hatte dem Fotojournalisten und Chefredakteur der "<link http: www.beobachternews.de external-link-new-window>Beobachter News" beim G20-Gipfel in Hamburg die bereits erteilte Akkreditierung entzogen und ihn als Sicherheitsrisiko eingestuft, obwohl Denzinger nie wegen einer Straftat verurteilt wurde. Dagegen geht der Betroffene gerichtlich vor (<link https: www.kontextwochenzeitung.de medien seiberts-schwarze-liste-4488.html internal-link-new-window>Kontext berichtete). Doch vier Wochen nachdem sein Rechtsanwalt Wolfgang Kreider, der Denzinger bei seiner Klage gegen die Bundesregierung vertritt, ein Auskunftsersuchen an deutsche Sicherheitsbehörden gestellt hatte, erhalten er und sein Mandant eine Antwort vom Bundeskriminalamt. Und siehe da: über Denzinger gespeicherte Daten wurden gelöscht, lesen die beiden staunend in dem Schreiben, das der Kontext-Redaktion vorliegt. "Geht's noch?", fragt Denzinger. "Die glauben wohl, sie stünden über dem Gesetz."
Denzingers Daten sind nicht die einzigen, die gelöscht wurden. Über die ebenfalls betroffenen Fotojournalisten Florian Boillot und Po-Ming Cheung <link https: blog.ard-hauptstadtstudio.de g20-akreditierungen-lka-berlin-bestaetigt-illegale-datenloeschung-bei-2-journalisten external-link-new-window>berichtet Arnd Henze, Korrespondent des ARD Hauptstadtstudios: "Die rechtswidrigen Speicherungen beendet die Behörde (das LKA Berlin, d. Red.) also nun mit dem nächsten illegalen Eingriff: der Vernichtung von Beweismitteln für die laufenden Verfahren." Ein Sprecher des LKAs will das so nicht stehen lassen, das klinge "ja direkt nach einer Schredder-Aktion wie beim NSU", sagt er im Gespräch mit Kontext. In seiner Behörde sei man – im Gegensatz zu Datenschützern und Rechtsanwälten – nach wie vor "felsenfest überzeugt" davon, das Speichern und Löschen der Datensätze sei rechtmäßig erfolgt. Zumal für die bevorstehenden Gerichtsverfahren schriftliche Kopien angefertigt worden seien. Ob dadurch allerdings Meta-Daten verloren gegangen sind, beispielsweise Informationen darüber, welcher Beamte wann welchen Eintrag vorgenommen hat, kann er nicht beantworten. <link http: www.lexsoft.de cgi-bin lexsoft external-link-new-window>Nach Berliner Polizeirecht muss eine Löschung dann unterbleiben, wenn "Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange der betroffenen Person beeinträchtigt würden".
Unbescholten bis zum Verdacht
Rechtsanwalt Wolfgang Kreider, der neben Denzinger noch weitere diskreditierte Journalisten vertritt, zeigt sich im Gespräch mit Kontext dennoch zuversichtlich, dass die vorhandene Beweislast für eine Aufarbeitung ausreicht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Das Gerichtsverfahren beginnt nach seiner Einschätzung frühestens zum Jahresende, wahrscheinlich aber erst 2018. Indessen glaubt BKA-Präsident Holger Münch bereits zu wissen: "Weder das BKA noch die Polizeien der Länder speichern Daten unbescholtener Bürger." <link http: faktenfinder.tagesschau.de g20-bka-speicherung-101.html external-link-new-window>So zitiert ihn der Faktenfinder der "Tagesschau". Ein starkes Stück. Schließlich dokumentieren nicht nur die gespeicherten Daten unbescholtener Journalisten das Gegenteil. Um beispielsweise als links motivierter Straftäter in polizeiinternen Systemen zu landen, braucht es keine Verurteilung und nicht einmal ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren. Dafür genügt häufig schon eine Anzeige durch einen Polizeibeamten (<link https: www.kontextwochenzeitung.de medien immer-aerger-mit-den-cops-4168.html internal-link-new-window>Kontext berichtete). Wenn nun ein Bürger auf Basis eines Anfangsverdachts in den Augen des BKA-Präsidenten nicht mehr als unbescholten gilt, zeugt das von einem eigenartigen Verständnis der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung.
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Blender Blender
am 28.10.2017