Noch voller nahm der DB-Chef den Mund in Sachen Informationspolitik für die am 27. November 2011 stattfindende Volksabstimmung: "Wir werden die Fakten auf den Tisch legen, denn wir werden glaubwürdig bleiben." Kaum ein namhafter Befürworter hatte das jemals im Sinn. Stattdessen wurde eine beispiellose Kampagne gestartet, wurden Millionen investiert und Sprüche geklopft wie "fertig bauen statt weiter ärgern", obwohl alle wussten, dass außer einer von Günther Oettinger inszenierten Prellbock-Versetzung und dem Stefan Mappus anzurechnenden Kahlschlag im Schlossgarten nichts geschehen war.
Im Monitoring-Bericht des Plebiszits kritisiert "Mehr Demokarte" ein Jahr später fehlende Ausgabenlimits und die fehlende Offenlegung der Finanzen als unfair: "Geld ist eine wichtige Ressource bei Kampagnen, die zur Bevorteilung einer Seite führen kann. Ausgabenlimits, wie sie zum Beispiel in Großbritannien existieren, und Offenlegungspflichten können mögliche Ungleichgewichte transparent machen und abmildern." Das Aktionsbündnis gegen S 21 habe über 500 000 Euro verfügt, die Pro-Seite "nach Schätzungen über das vier- bis fünffache Abstimmungsbudget".
Große Sprüche, keine Fakten
Auch Schuster bekommt noch einmal sein Fett weg, unter anderem, weil er versucht hatte, alle Stimmberechtigten in der Landeshauptstadt persönlich per Brief von der Sinnhaftigkeit der Milliardeninvestition zu überzeugen. Und wer verantwortet eigentlich die Pro-Argumente in der von der Landesregierung herausgegebenen Broschüre? Da hieß es allzu kühn, Stuttgart 21 sei im Kostenrahmen und halte einen Puffer für Baupreissteigerungen vor. Oder: "S 21 hat den Stresstest bestanden und ist damit als leistungsfähiger Knoten bestätigt worden."
Claus Schmiedel ist hochverdächtig. Der damalige SPD-Fraktionschef hatte jedenfalls hinter den Kulissen schon versucht, gemeinsame Sache mit der CDU zu machen. Das allerdings war aufgeflogen. Aus dem bunten Strauß seiner kühnen Lobsprüche stach eines besonders heraus: dass auf dem Projekt Gottes Segen liege. Überhaupt hatte der inzwischen nicht mehr in den Landtag gewählte Ludwigsburger eine Schlüsselrolle. Er war es, der – am Tag, als die Resultate des Stresstest publik wurden - blitzschnell erkannte, dass den Gegnern die Deutungshoheit über die Bewertung entrissen werden muss. Wenn schon Gott im Spiel ist, wog diese Sünde am schwersten.
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Horst Ruch
am 05.09.2016