Der Präsident der Kammer hat bereits im vergangenen August einen Perspektivwechsel gefordert. "Das Problem der Flüchtlingsunterbringung deckt strukturelle Defizite des Wohnungsbaus auf", lautet eine Kernaussage Markus Müllers. Er weist auf die lange Tradition der Zuwanderung hin und betont: "Der Markt wird es nicht richten." (<link http: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft nicht-die-investoren-machen-stadt-3224.html internal-link-new-window>Siehe Kontextinterview.) Eine erstaunliche Allianz von zwei Verbänden der Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Mieterbund und Sozialverband, Städtetag und Vereinigung kommunaler Wohnungsunternehmen hat sich im Oktober seinen Forderungen angeschlossen und ein Papier "<link https: www.akbw.de fileadmin download freie_dokumente akbw_mailings external-link-new-window>Gegen die neue Wohnungsnot" verfasst.
Dem mag sich keiner der Landtagskandidaten verschließen. Tobias Wald, CDU-Landtagsabgeordneter aus Baden-Baden, 42 Jahre alt und von Beruf Bankkaufmann, konzediert, die Flüchtlinge hätten den Druck auf die Politik erhöht, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Auch Andrea Lindlohr, wohnungspolitischen Sprecherin der Grünen im Landtag, betont, der Flüchtlingszuzug biete Anlass, verstärkt über den Wohnungsbau nachzudenken. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel konstatiert hohe Zuwanderungsraten, zuletzt durch Flüchtlinge, und zeigt auf die Vorgängerregierung: die habe den sozialen Wohnungsbau auf null gefahren. Die Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung seien noch in jedem Jahr falsch gewesen. Dem stimmt auch der FDP-Mann Friedrich Bullinger zu.
Man reibt sich die Augen: Sind denn alle einer Meinung? CDU-Mann Wald möchte sich in einer Bundesratsinitiative für die steuerliche Absetzung von Wohnungsbau-Investitionen einsetzen. Das will auch Nils Schmid. Der kleine Unterschied: Wald will "Anreize statt Vorschriften". Das CDU-Programm verspricht, "die Regelungswut, die den Bau von Wohnungen insbesondere für die mittleren und unteren Einkommensgruppen erschwert, zu beseitigen". Damit sind Mietpreisbremse und Kappungsgrenze gemeint: neue Regelungen der grün-roten Koalition, die Mieter vor Ausuferungen schützen sollen. Hier outet sich die CDU als Partei der Hausbesitzer.
Nicht weniger die FDP: Wenn einer poltert, dann ist es Bullinger. Er fordert "Mut zur Birne" – ohne genau zu sagen, wie durch Abriss Wohnraum entstehen soll. Schmiedel trifft dagegen den Nagel auf den Kopf, wenn er feststellt, dass Flächenknappheit in den Ballungsräumen zu einer "Explosion der Baulandpreise" geführt habe. Sein Fazit: "Wir brauchen Fläche." Die Kontrahenten sind sich wiederum einig, dass zwischen Stuttgart und Umland ein Missverhältnis bestehe, wenn sich die Landeshauptstadt um geförderten Wohnraum bemühe, während die Nachbarkommunen nur lukrative Häuschen im Grünen anböten.
1 Kommentar verfügbar
Hannes Rockenbauch
am 03.02.2016Weil es so gut passt hier der Link zur gestrigen Folge von ROCKPOLITIK:
https://www.facebook.com/hannes.rockenbauch/videos/1054142047982405/