Eigentlich war es überfällig: Unter den Künstler:innen des Kunstvereins Wagenhalle sind viele, die sich mit Film beschäftigen, eigene Langfilme, Dokumentationen produzierten oder bewegte Bilder in ihre Arbeit integrieren. Doch erst während der Pandemie fanden sie zu einer Gruppe zusammen.
"Im Lockdown haben wir uns zuerst im Zoom getroffen", erzählt Kristina Arlekinova, die künstlerische Leiterin des Festivals. "Unsere Idee war, zuerst einmal herauszufinden, wer sich in der Wagenhalle überhaupt mit Bewegtbildern beschäftigt." Das Ergebnis: 28 von insgesamt rund 150 Mitgliedern des Kunstvereins arbeiten auch oder ausschließlich im Medium Film. Genügend Material, genügend unterschiedliche Ansätze also, fand die Gruppe, um ein kleines Festival zu veranstalten – und machte sich daran, das umzusetzen.
Das erste Film-Kunst-Fest an der Wagenhalle hat am vergangenen Wochenende begonnen. Die Wiese bei der Container-City wurde zum Open-Air-Kino mit Bar, Falafelstand und Popcornstation, während im Projektraum der Wagenhalle eine Ausstellung der Filmkunst eröffnete, die noch bis zum 31. Juli zu sehen sein wird. Am kommenden Wochenende, am Freitag, 29. und Sonntag, 31. Juli, geht auch das Filmfest auf der Wiese weiter. Kurzfilme, Experimentalfilme, Dokumentarisches wird auf der großen Leinwand zu sehen sein, nebst einem abendfüllenden Film.
Langfilm der vergangenen Woche war "Mühlheim Texas – Helge Schneider hier und dort". Andrea Roggon portraitiert darin Deutschlands witzigsten Vollblutmusiker. Am kommenden Freitag läuft "Where's the Beer and when do we get paid", die Dokumentation, die Wiltrud Baier und Sigrun Köhler alias "Böller und Brot" Jimmy Carl Black widmeten, dem Schlagzeuger der Mothers of Invention, der ersten Band Frank Zappas. Der mittlerweile verstorbene Black verbrachte seine letzten Jahre in Bayern. Seine Begegnungen mit den Blasmusikern dieses Bundeslandes sind unvergesslich.
Filme über Fundsachen und eine Radtour gen Den Haag
Die Eröffnung des Film-Kunst-Festes lockte mehr als 100 Gäste zur Wagenhalle. Die Stimmung war bestens, die Macher:innen sehr zufrieden. Robin Bischoff, Vorsitzender des Kunstvereins Wagenhalle, zeigte einen Film, für den er Konzerte zusammenschnitt, die anlässlich des 10. Jubiläums der Reihe FFUS (Für Flüssigkeiten und Schwingungen) stattfanden – wilde Musik, wilde Nächte.
Die Ausstellung im Projektraum der Wagenhalle ist das Herz des Festivals. Künstler:innen präsentieren dort Arbeiten, die filmische Mittel vor allem im Zusammenhang mit Installationen nutzen, und die dabei ganz unterschiedliche Wege gehen. Oft wird Kritik an Gesellschaft und Konsumverhalten artikuliert.
Kristina Arlekinova beispielsweise zeigt ein Gehirn aus Popcorn und Zuckerguss und eine filmische Erforschung unterschiedlicher Tropfenformen in vier Kurzfilmen. Álvaro García beschäftigt sich mit der Kunst des Wagenhallen-Künstlers Thomas Putze, Ramona Sophia Mohr mit Körperwahrnehmung und Ästhetik. Irina Rubina schuf einen gezeichneten Kurzfilm zur Jazz Musik ("Jazz Orgie"), lässt abstrakte Formen tanzen. Pia Maria Martin, die lange an der Arbeit mit 16-Millimeter-Film festhielt, hat ihre Filme digitalisiert, zeigt sie in kreisförmiger Anordnung und verschachtelt so digitale und analoge Filmtechnik ineinander. Bei ihren Filmen handelt es sich um Stop-Motion-Animationen von Dingen, die auf dem Wagenhallengelände gefunden wurden und die nun zum Leben erwachen dürfen. Am kommenden Sonntag, dem letzten Tag des Film-Kunst-Festes, können Kinder in einem Workshop lernen, wie sie kleine Trickfilme mit ihren Smartphones aufnehmen können.
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