Genf zeigt, wie's geht
Von den 17 Standorten, welche die Taskforce diesmal untersucht hat, blieb am Ende wieder nur einer übrig: das Vorfeld der Wagenhalle. Und um die Kosten zu senken, die ja nicht deshalb geringer werden, weil das Interim den Standort wechselt, griff die Taskforce zu zwei Kniffen: Teile der Interimsbauten sollen in Modulbauweise erstellt werden, die hinterher weiterverkauft werden. Ein Bauteil soll dagegen auf Dauer stehen bleiben und dann für die Oper nur mit drei Millionen Euro zu Buche schlagen. Trotz dieser Rechenkünste stehen am Ende immer noch Kosten zwischen 89 und 104 Millionen Euro im Raum.
Für die Idee mit den wiederverwendbaren Modulen aus Holz könnte Genf das Beispiel gegeben haben. Als das dortige Opernhaus - mit 1488 Sitzplätzen unwesentlich größer als das Stuttgarter - saniert werden musste, erwarb die Stadt aus Paris einen hölzernen Interimsbau und erweiterte diesen auf 1100 Plätze. Alles in allem hat Genf dafür nicht mehr als zehn Millionen Euro ausgegeben, während die Stuttgarter Taskforce die Module für zwölf bis 24 Millionen weiterverkaufen will. Immerhin hat die Taskforce eine Lösung für ein unlösbares Problem präsentiert.
Etwas anders verhält es sich mit dem dauerhaften Bauteil. Hier geht die Taskforce von einer Konzeptstudie von Januar 2015 aus, noch vor der Sanierung der Wagenhalle. Ein Gutachterbüro hatte damals festgestellt, wegen der Konzertveranstaltungen im Kulturbetrieb müsste trotz Schalldämmung ein Gebäuderiegel zwischen der Wagenhalle und dem künftigen Wohngebiet stehen, um die Anwohner vor Verkehrslärm zu schützen. Dieser Riegel soll nun der feste Bauteil des Operninterims werden.
Allerdings war dieser Gebäuderiegel nur ein Kompromiss, um die widerstrebenden Ansprüche des Konzertveranstalters und der künftigen Anwohner unter einen Hut zu bringen. Die Künstler waren von vornherein nicht begeistert, und sie haben ihren Standpunkt wiederholt deutlich gemacht. Dies hat auch in der Gesamtplanung für das künftige Rosensteinquartier Niederschlag gefunden.
Wagenhalle: Schlüsselrolle als "Inkubator kreativer Milieus"
Denn seit 2015 ist einiges passiert. Es hat eine Bürgerbeteiligung zum Rosensteinviertel gegeben, in der sich einige Architekten der Wagenhalle - wie Robin Bischoff, der Vorstand des Kunstvereins - stark engagiert haben. Es gibt dazu ein Memorandum, in dem unter anderem steht: "Sicherheit haben zu können, nah bei künstlerischen Produktionsstätten, wie zum Beispiel den Wagenhallen, dauerhaft über frei nutzbare (Brach-)Flächen verfügen zu können, um spontan, temporär oder auch dauerhaft künstlerischen Arbeiten Raum geben zu können."
Auch in den Städtebaulichen Wettbewerb ist dies eingegangen. Nach einer offenen Phase, über die nun am 28. November ein Preisgericht tagt, folgt eine zweite Phase mit zehn ausgewählten Büros. In der Ausschreibung findet sich auch die <link https: www.kontextwochenzeitung.de politik achtung-kontrollverlust-4012.html external-link-new-window>Forderung der Stadtisten wieder, "im Rosenstein-Quartier insgesamt eine Fläche von etwa fünf Hektar vorzusehen und zu verorten, die als 'Sonderentwicklungsfläche Kultur' Raum für Nutzungsoffenheit bietet."
Von einer "adäquaten Nutzungsmischung mit besonderer Beachtung der kulturellen Nutzungen, vor allem im Umfeld der Wagenhallen", ist die Rede. Und damit keine Missverständnisse aufkommen: "Grundsätzlich soll nicht nur die Hochkultur Beachtung finden, sondern auch niederschwellige, kleine (sub-)kulturelle Nutzungen mitgedacht werden." Noch genauer: "Es werden Vorschläge zur Umsetzung einer abschnittsweisen Bebauung (z. B. mit Erhalt von temporär oder dauerhaft nutzungsoffenen Flächen), auch unter dem Aspekt der kreativen Aneignung, erwartet."
"Die Wagenhallen haben sich als herausragender künstlerisch-kultureller Standort in Stuttgart etabliert", steht weiter in der Ausschreibung. "Ein wichtiges, mit der Sanierung der Wagenhalle verbundenes Projektziel der Stadt ist es, den etablierten Nutzergruppen eine langfristige Entwicklungsperspektive zu eröffnen. Als Inkubator kreativer Milieus nehmen diese bereits eine Schlüsselrolle in der Stadt ein." Man spricht von einem "gemischt genutzten Wagenhallen-Quartier". Dabei sei "von besonderem Interesse, dass ein 'weicher' baulicher (wohnungsverträglicher) Übergang von den Wagenhallen zu den umgebenden baulichen Strukturen geschaffen wird." Mit einem dauerhaften Gebäuderiegel vor der Wagenhalle ist das schlichtweg unvereinbar.
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