Die Liedermacherin Cynthia Nickschas lässt keinen Zweifel daran, dass sie die Gesellschaft verändern will.
Ich glaube, da sollte man seinen Einfluss nicht überschätzen. Wenn ich irgendwelchen Leuten was vorsinge, dann sind die vielleicht berührt davon, aber am nächsten Morgen um acht Uhr sitzen sie wieder vor ihrem Chef und sind mit einer vollkommen anderen Realität konfrontiert. Ich habe die Ambition, schöne Lieder zu schreiben, und das darf dann auch mal ein politisches Lied sein – aber ich setze mich niemals hin und sage: Ich will das und das in der Welt verändern und schreibe jetzt dafür einen Song. Das geht meistens schief. Es gibt so peinliche politische Lieder.
Ist das jetzt Resignation, oder waren Sie schon immer so?
Ich war schon immer so. Ich bin halt auch geprägt von einer Zeit, in der politische deutsche Texte geschrieben worden sind, um Platten zu verkaufen. Es hat teilweise ekelerregende Ausmaße angenommen. In mir ist da ein gewisser Widerwille übrig geblieben.
Auf Ihrem letzten Album "Krieg & Frieden" singen Sie in mehreren Liedern über Politikverdrossenheit. Zum Teil ist das offensichtlich ironisch, zum Teil aber auch nicht. Meinen Sie beides gleich stark?
Das Schlimme ist, vor zehn Jahren habe ich noch relativ intensiv parteipolitische Gespräche mit Freunden geführt, wo es dann darum ging: Welche Parteien kommen an die Macht, und was ändern sie? Mittlerweile hab ich kapiert, dass unsere Welt von Konzernen regiert wird und leider nicht von politischen Parteien oder Nationalstaaten und dass es eigentlich fast gleichgültig ist, welche Partei gerade an der Macht ist. Die erfüllen sowieso nur irgendwelche Lobbyinteressen.
Aber es gibt doch einen Unterschied zwischen Parteienverdrossenheit und Politikverdrossenheit.
Na ja, wir leben nun mal in einer Parteiengesellschaft. Es stimmt, ich bin echt ein bisschen politikverdrossen. Ich versuche, mich trotzdem einigermaßen informiert zu halten, aber irgendwie findet so wenig statt, das tatsächlich etwas verändern würde. Es wird immer nur verwaltet, und letztlich entwickelt sich die Welt immer mehr Richtung Konzerninteressen.
Der junge Liedermacher Jakob Heymann sagt: Liedermacherei hat eine gewisse Verwandtschaft zum Kabarett. Bei beiden gehe es um Leidenschaft und Aufklärung. Wie stehen Sie denn zu dieser Aussage?
Da kann ich nur zustimmen. Aufklärung ist etwas anderes als Meinungsbildung. Die Leute mit einer Wahrheit, die man als Künstler sieht, zu konfrontieren, das unterstütze ich voll und ganz.
Info:
Götz Widmann ist aktuell auf Solotour unterwegs. "Nach zwei Jahren mit Band freue ich mich auf die unglaubliche Freiheit, die so ein Auftritt ganz alleine mit sich bringt", sagt er. Wegen dieser Freiheit hat er nun angeblich 100 Lieder geprobt, um jeden Abend spontan gestalten zu können. Liedwünsche ausdrücklich erlaubt.
In Baden-Württemberg tritt er auf am
- Mittwoch, 27. Januar: Halle 2, Heidelberg,
- Donnerstag, 28. Januar: Jubez, Karlsruhe,
- Samstag, 30. Januar: Wagenhallen, Stuttgart,
- Donnerstag, 28. April: Sudhaus, Tübingen,
- Sonntag, 30. April: Das Contrast, Konstanz.
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