Zum ersten Mal hochgekocht ist die Diskussion Ende Oktober. Intern war seit Sommer 2014 bekannt, dass das Hochbauamt ein Brandschutzgutachten in Auftrag gegeben hatte. Beim selben Büro, das im Frühjahr 2013 den Fernsehturm untersucht hatte. Im Nachhinein will es keiner gewesen sein. Denn wenn schon eine Stahlbetonkonstruktion als nicht feuerfest eingestuft wird: wie hätte da ein alter Bahnschuppen die Bestimmungen erfüllen können? Um eine sofortige Schließung zu verhindern, wurde das Thema vertraulich behandelt. Dann aber hieß es, dem Kunstverein bleibe keine Wahl, als einem "Kompromiss" zuzustimmen: Während der Veranstaltungen des Kulturbetriebs müssen die Künstler ihre Ateliers räumen.
Vom Damoklesschwert einer kompletten Schließung bedroht, stimmte der Vereinsvorstand zu. Doch die Künstler, die ihre Ateliers in den Hallen haben, konnten diesen Kompromiss, zu dem sie nie gefragt worden waren, nicht einfach hinnehmen. Rund 200 Veranstaltungen finden jährlich in der Halle statt. Nach der bisherigen Regelung soll der Kulturbetrieb Wagenhallen den Veranstaltungsort bis zu zehn Prozent der Zeit nutzen können: Das sind 876 Stunden im Jahr oder knapp zweieinhalb Stunden pro Tag. Naturgemäß handelt es sich vorwiegend um die Abendstunden. Aber auch Künstler arbeiten nicht immer nur tagsüber und gehen dann nachmittags nach Hause.
"Wir haben alle unsere Verpflichtungen", sagt Lukasz Lendzinski und widerspricht damit dem Klischee des Künstler-Bohemiens: "Verträge, die eingehalten werden müssen." Der Architekt betreibt mit seinem Partner Peter Weigand das Büro "umschichten", in dem derzeit, drei Praktikanten eingerechnet, sechs Personen arbeiten. Sie entwerfen keine Neubauten, sondern arbeiten an der Transformation des Bestehenden. 2008 erstellten sie neben den Wagenhallen eine 600 Quadratmeter große, gelbe Plattform mit Swimmingpool, als Podium für Diskussionen und Zwischennutzung. 2010 gewannen sie den ersten Preis des Spontan-Architektur-Festivals "72 Hour Urban Action" der Bat-Yam-Biennale in Israel. 2012 kam das Festival nach Stuttgart.
10 Kommentare verfügbar
Kornelia
am 02.12.2014Ich behaupte mittlerweile diejenigen die diesen Stillstandssatz dauernd sagen haben unglaubliche Angst vorm tod und müssen deswegen das Hamsterrad dauernd am Laufen halten. denn er ist so…