Gäbe es mehr Möglichkeiten, sich auszubreiten im Talkessel, wäre hier längst ein zweites Schwabing entstanden oder ein zweiter Prenzlauer Berg. Aber Stuttgart ist eng und eigen, wovon das Areal zwischen Filder-, Hauptstätter und Tübinger Straße viel zu berichten wüsste. Nur spröde öffnet sich der nach dem x-ten und vorläufig letzten Umbau Anfang des Jahrtausends als Betonwüste beschimpfte Marienplatz. Wüst vor allem von Osten, weil erst einmal die fünfspurige B14 am Portal des Heslacher Tunnels überwunden werden muss. In diesen Tagen steht eine mobile Schadstoff-Messstelle unter den Kastanien. Nach nur einer einzigen Ampelphase am Fußgängerübergang ahnt jeder den Grund: Gerade hier befindet sich einer jener Hotspots der Stadt, von denen die Diesel-Fans so gar nichts wissen wollen.
Es ist laut und (fein-)staubig und nicht einmal verlockend, wenn die Kastanien blühen. Aber: Es ist Stuttgarts vitaler Süden, unverstellt, ohne piekfeine Restaurants oder angesagte Boutiquen. Dafür rattert die Zahnradbahn über ihre Brücke, die vielen sonnigen Sitzgelegenheiten sind kostenlos und die Schlangen an den Eiscafés so lang wie sonst kaum in der Stadt. "Die Nachbarschaft schreibt sich ein in unsere Arbeit", sagt Martina Grohmann, die zusammen mit Marie Bues das Intendantinnen-Duo des Theater Rampe bildet. Die Hinterhöfe, die Fenster oder Balkone, von denen der Protest gegen das berüchtigte Milliardengrab Stuttgart 21 hartnäckig gelb-rot heruntersticht, die Touris, die sich der Stadt vom Marienplatz aus nähern, die Schwaben und die Nichtschwaben, die hier schon lange leben, die Jungen und die Alten mit den vielen Nationalitäten. Und seit ein paar Tagen die Hoffnung, Hinweise zu finden auf das "Volks*theater" der Zukunft.
Fernes Publikum ist willkommen
"Wir suchen Menschen, die mit uns ins Gespräch kommen", umreißt die künstlerische Leiterin Nina Gühlstorff das Projekt, "darüber, was Theater alles sein kann und werden soll." Fragen über Fragen wollen konkret und mit einem der Rmpe eher fernen Publikum diskutiert sein: "Was für ein Theater braucht diese Stadt? Wie können Theater zu eurem Treffpunkt werden? Habt ihr Erinnerungen an Theater als Kind? Welches Theater gibt uns das Gefühl von Zuhause? Was für Themen wollt ihr auf der Bühne sehen? Was würdet ihr selbst auf die Bühne bringen? Kieztheater? Musiktheater? Queeres Theater? Mitmachtheater? Gar kein Theater? Sagt uns, was ihr denkt. Macht mit und mischt euch ein!"
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