Kontext-LeserInnen wissen mehr. <link https: www.kontextwochenzeitung.de gesellschaft die-magierin-des-feminismus-3144.html external-link-new-window>Wir haben vor drei Jahren über die Magierin des Feminismus geschrieben. Welche Rolle wird Frigga Haug spielen?
Grohmann: Sie hat uns erzählt, dass sie 2011 im Rathaus die feministisch-marxistische Internationale gegründet hat, die mittlerweile eine globale Bewegung ist.
Bues: Insofern gibt es diese feministische Tradition, die aber nicht im offiziellen Bild der Stadt auftaucht. Frigga Haug wird die Eröffnungsrede der Stadt der Frauen halten und ein Dialektik-Camp veranstalten.
Das traditionelle Bild Esslingens als Stadt der Ingenieure brechen – Sie haben sich viel vorgenommen. Welche Aktion verkörpert diesen radikalen Ansatz am besten?
Bues: Die Vielfalt der Aktionen in diesen drei Tagen. Da gibt es einen Chor aus Mettingen, einen gemischten Chor, den Bewegungschor von René Pollesch, eine Aufführung in der WLB, eine Gastkünstlerin, die im Komma auftritt. Es gibt nicht eine Aktion, die wir highlighten wollen, sondern diese Mischung.
Ich verstehe. Als Programmmacherin kann man schlecht sagen, diese Aktion ist das Highlight für mich. Anders gefragt: Welche Idee kam Ihnen vor eineinhalb Jahren, als Sie angefangen haben, als erste in den Sinn?
Grohmann: Ganz am Anfang war die Idee zu einem Parlament. Einem Ort im Rathaus, wo verhandelt wird, wie das Gemeinwesen in einer Stadt der Frauen aussehen sollte. Dabei wollen wir nicht nur die Inhalte hinterfragen, sondern auch die Form. Wir haben uns gefragt: Wie kommuniziert man überhaupt in einem Parlament? Wollen wir existierende Debattenformate übernehmen, oder versuchen wir eine Kommunikation, die auch den Körper miteinbindet? Auf diesem Weg sind wir jetzt. Und jeder, der anwesend ist, hat eine Stimme darin.
Das klingt hübsch basisdemokratisch. Aber wie muss ich mir die Körper in der Kommunikation vorstellen? Werden die Diskussionsbeiträge im Rathaus getanzt?
Grohmann: Nein, so nicht. Wir werden Tisch und Stuhlanordnung im Rathaus auflösen. Man kann doch mal liegend eine andere Perspektive einnehmen? Raus aus dem Korsett von Tagesordnung, Sitzungsordnung und vorher eingereichten Redebeiträgen. Auf der anderen Seite gibt es im Parlament eine Sitzung, die der Frauenrat gestaltet. Und wie dieses Match zwischen den kämpferischen Frauen des Frauenrats und dieser liegenden Position klappt, das werden wir dann sehen.
Welche Rolle spielen Männer in diesen drei Tagen im September?
Grohmann: Die Akteurinnen sind mehrheitlich Frauen. Deshalb ergibt sich automatisch ein Wechsel der Perspektiven. Aber die Männer sind herzlich eingeladen, sich an diesem Perspektivenwechsel zu beteiligen.
Bues: Da ist Cora Frost, die tritt auf als Peter Frost. Sie ist eine bekannte Sängerin und Schauspielerin, Performerin und Regisseurin. Sie wird ein Programm mit dem Marinechor von Tsingtau erarbeiten. Das ist ein reiner Männerchor, früher lauter Matrosen.
Wie hat es Matrosen an den Neckar verschlagen?
Grohmann: Es hatte sich schon 1911 in Esslingen eine Marinekameradschaft aus ehemaligen Mitgliedern der Kaiserlichen Marine gegründet, der sich 1959 nach der ehemaligen deutschen Kolonie Tsingtau in China benannte, und aus dem dann ein Shanty-Chor hervorgegangen ist. Daraus ist inzwischen ein Friedens-, Freundschafts- und Verständigungsprojekt geworden.
Dürfen Männer nur singen oder auch was sagen?
Grohmann: Wir haben auch in der Schule der Frauen einen Herrn, Markus Textor, der dort ein Gespräch gestalten wird zum Thema Männlichkeitsbilder und toxische Männlichkeit.
Bues: Wir haben erstmal Frauen angesprochen, weil im Theater und in der Kultur die Männer immer noch dominieren. Es gibt mehr Regisseure, Autoren, die auf Bühnen gespielt werden. Bei uns ist es andersrum. Aber uns interessieren Männer, die das klassische patriarchale Gesellschaftsbild hinterfragen und das auch in ihrer Kunst tun. Und die gibt es. Manche konnten nicht kommen, wie diese wunderbaren männlichen Cheerleader aus Wien, die sich Fearleader nennen.
Grohmann: Feminismus geht jeden an, auch Männer. Die sollen sich eingeladen fühlen, auch ihr Rollenbild zu hinterfragen. Viele Männer leiden genauso unter patriarchalen Verhältnissen wie Frauen. Die britische Feministin Laurie Penny hat das gut auf den Punkt gebracht.
Ist der Festivaltitel "Stadt der Frauen" eine Hommage an Christine de Pizans "Das Buch von der Stadt der Frauen" oder an "Fellinis Stadt der Frauen"?
Grohmann: Das ist eine Referenz an beide und ein bisschen auch an andere Städte der Frauen, die es immer wieder gibt auf der Welt. In Ljubljana gibt es seit zehn Jahren ein großes Festival, das sich City of Women nennt. Wir haben uns Christine de Pizan herausgegriffen, weil sie "Das Buch von der Stadt der Frauen" geschrieben hat, und zwar schon Anfang des 15. Jahrhunderts. Dieses Buch versuchen wir fortzuschreiben.
Bues: Es wird eine Performerin geben, die als Wiedergängerin der Christine de Pizan durch die Stadt der Frauen streift und immer wieder auftauchen wird.
6 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 17.09.2018Was bleibt? Lediglich Theater?
Ina Deter im Stuttgarter Gustav-Siegle-Haus mit Livekonzert.
Zwei Songs von Ina Deter:
Neue Männer braucht das Land – Erscheinungsdatum 1982
Frauen kommen langsam aber gewaltig – 1986
Dieses hinzugefügt: Bascha Mika in der…