Mansplaining ist im Mainstream angekommen. Oder vielleicht nur in einer Bubble, die ich für das große Ganze halte. Das aus den USA stammende Wort, das zusammengesetzt aus "man" und "explaining" die herablassende Art von Männern bezeichnet, Frauen Dinge zu erklären, weil sie davon ausgehen, dass sie mehr als die Frau über ein beliebiges Sujet Bescheid wissen, ist inzwischen bis zu meinen Eltern vorgedrungen. Das ist meist ein sicherer Indikator dafür, dass ein Thema aus dem Hochschulseminar über das Intellektuellen-Fischglas in eine allgemeinere Sphäre gehüpft ist.
Entstanden ist der Begriff in der feministischen Bloggerinnen-Szene nach 2008. Initialzündung war Rebecca Solnits Essay "Men explain things to me". Zwar hatte die Menschenrechtlerin und Feministin das Wort "Mansplaining" selbst nicht verwendet. Jedoch ein Phänomen beschrieben, das viele Menschen zunächst für eine persönliche Beobachtung, gar ein persönliches Problem hielten: Ein Mann, der auf einer Party ein Gespräch mit einer Frau dominiert, ungeachtet dessen, dass die Frau Vollprofi im Gegenstand des Gesprächs ist. In Solnits Fall fragte sie der Gastgeber einer Party nach den Büchern, die Solnit veröffentlicht hatte. Als sie dabei ihr Buch über den Fotografen Eadweard Muybridge erwähnte, wollte der Gastgeber mit seinem Wissen um ein ganz besonders wichtiges Buch über ebendiesen Fotografen punkten. Der Witz war, dass es sich dabei um Solnits Buch handelte – und er sein breit vorgetragenes Wissen außerdem aus einer Rezension darüber hatte. Diesen Moment beschreibt mein englisches Lieblingswort wie es kein deutsches kann: awkward. Superhardcorepanne.
Rebecca Solnit – eine der herausragendsten Feministinnen unserer Zeit
Schnell verbreitete sich Mansplaining in der US-amerikanischen Medienwelt und wurde verwendet, um Supermännlichkeits-Männer des öffentlichen Lebens, wie etwa den Republikaner Mitt Romney oder Texas-Gouverneur Rick Perry zu beschreiben. Ein Wort war geboren, um eine männliche Verhaltensweise zu bezeichnen, die durch dominantes Auftreten in öffentlichen Räumen das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen zementiert und die Frau nicht ernst nimmt. Mittlerweile hat es Mansplaining sogar ins Oxford English Dictionary geschafft.
Auch ich war begeistert von dieser Wortschöpfung und hatte endlich einen Begriff für den klassischen Party-Honk im Ärmel, der in einen feucht-fröhlichen Stehkreis platzte, und meinen Monolog über meine Masterarbeit (Thema: "Final Girls – Frauenbilder und Kampf um Hegemonie im Splatterfilm") mit halbsteifen Expertisen an sich riss. Mit "mansplain mich nicht voll!" war schnell Ruhe im Karton. Nicht, dass ich dieses Wort gebraucht hätte, um den Mann in seine Schranken zu weisen. Doch es gefiel mir, dass ich ein Zauberwort kannte, das meine persönliche Aversion zu einer öffentlichen Angelegenheit machte. Dabei war mir schnell klar, dass es nicht nur Männer sind, die auf eine herablassende Art anderen Menschen Dinge erklären. Ich tat es auch manchmal. Auch Männern gegenüber. Schuldig im Sinne der Anklage: Ich womansplainte.
2 Kommentare verfügbar
Schwa be
am 29.06.2018Nachgedacht darüber ob und wieviel "Mansplainer" in mir steckt und das "Mansilencing" sicher ein riesiges Problem ist - insbesondere im "Rudel".
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