Wenn mein Telefon einmal wieder besonders beharrlich klingelte, riefen die KollegInnen schon: "Das ist sicher der Uli." Fast täglich rief er in der Kontext-Redaktion an. Dann hatte er etwas Unerhörtes über das <link https: www.kontextwochenzeitung.de dossiers das-jahrhundertloch-stuttgart-21.html internal-link-new-window>Jahrhundertloch Stuttgart 21 erfahren. Oder er hatte mit einem der ehemaligen <link https: www.kontextwochenzeitung.de dossiers missbrauchsskandal-in-korntal.html internal-link-new-window>Korntaler Heimkinder gesprochen, war voller Zorn auf die Evangelische Brüdergemeinde und voller Empathie für die Betroffenen. Manchmal hatte er auch einfach einen Artikel in der Zeitung gelesen, der ihn auf die Palme brachte: "Da müsst ihr was machen", sagte er dann mit dieser ruhigen Stimme, die man bei so viel Engagement nicht erwartet hätte.
Denn Ulrich Scheuffele war ein Unruhestifter. Ein Einmischer in die großen und kleinen Ungerechtigkeiten dieser Welt. Egal, ob er sie im Gemeinderat vor Ort, in den Medien oder in Syrien entdeckte. Er war beharrlich, weil er wusste, dass sich die Welt nur mit Hartnäckigkeit zu einer besseren, einer gerechteren machen lässt. Wegsehen war für ihn keine Option. Er hielt die Ohren offen und die Augen, und was er sah und hörte, gab er sofort weiter. Er wusste um die Wächterrolle der Medien. Und er hat sie penetrant und zugleich freundlich eingefordert.
Die Unabhängigkeit der "vierten Gewalt" war ihm immer wichtig. Nur so, das wusste er, werden Ungerechtigkeit, Korruption oder Filz öffentlich. Und nur dann kann sich etwas ändern. Bei aller Kritik an den Mainstream-Medien fand er doch immer wieder einzelne JournalistInnen, die er schätzte – auch beim SWR und manchmal sogar bei der Stuttgarter Zeitung. Auf seiner Website hat er Links zu Organisationen und Personen aufgeführt, denen er sich "freundschaftlich verbunden" fühlte. Die Anstifter gehören dazu, der Karikaturist Kostas Kouforgiogos, und an erster Stelle Kontext:Wochenzeitung. Zu seiner Verbundenheit gehörte auch Kritik. Wenn ihm etwas nicht passte, fand er deutliche Worte.
Nun wird das Redaktionstelefon nicht mehr so beharrlich klingeln. Ulrich Scheuffele ist am 20. Juni im Alter von 66 Jahren gestorben. Seine Wachsamkeit, seine Hartnäckigkeit, seine Anrufe werden uns fehlen.
Viele seiner Weggefährten haben sich gestern (26. Juni) von Ulrich Scheuffele verabschiedet. Auf dem Markgröninger Friedhof versammelten sich seine Familie, Freunde und Mitstreiter: Viele von der Opferhilfe Korntal, die JournalistInnen, die er so hartnäckig informiert und an ihre Rolle erinnert hat, seine Freunde von der Russland-Gesellschaft.
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Christina .
am 02.07.2018