Rosi verzichtet in "Seefeuer" auf jeden eigenen Kommentar, er will nur zeigen, nicht erklären. Der Arzt aber liefert ein paar Fakten zu den Fluchtbedingungen. Dass es auch bei der Überfahrt ein Klassensystem gebe, dass die Plätze oben die teuren sind, weil es im Laderaum noch viel gefährlicher sei, unter anderem wegen der Verätzungen durch Benzindämpfe. Die Mitarbeiter der Behörden, die die Flüchtlinge registrieren, tun das im Overall und mit Mundschutz. Nachdem einer in einer Gangschleuse einige Menschen abgetastet hat, streift er seine feuchten Hände an der Wand ab und sagt: "Die sind mit Diesel getränkt!" Einmal erzählt ein Schwarzafrikaner von der Flucht, und es hört sich an wie ein Requiem. So viele seien schon in der Sahara ums Leben gekommen, so viele seien später in Libyen ins Gefängnis geworfen und geschlagen worden. Und dennoch: "Es ist riskant, im Leben nichts zu riskieren."
Auch Bilder von der Rettung auf See sind zu sehen, von erschöpften und verstummten Menschen, die sich in die ausgeteilten Alufolien kauern und nun aussehen, als wären sie – seltsamer Kontrast zu ihrer Lage! – in glitzerndes Gold gekleidet. Es sind Bilder, die sehr physisch und sehr gegenwärtig wirken, die sich auch nicht einfügen in den schnell vorbeiziehenden Strom der TV-Nachrichten, die sich also einer sofortigen Verwertung entziehen wollen. Nein, das ist keine unerlaubte Schönung des Unglücks, das ist eher der Versuch, den Verfall und das Vergessen der Bilder durch ihre Ästhetisierung zu verhindern.
Er werde oft gefragt, sagt der Arzt, ob er denn nicht abgebrüht sei angesichts von so viel Leid. Aber wer könne denn abgebrüht werden, wenn er diese Schicksale sehe, fragt er dann zurück. Und konstatiert leise, aber mit Nachdruck: "Jeder, der Mensch sein will, hat die Pflicht zu helfen." Ja, so einfach ist das.
Info:
Der Film "Seefeuer" kommt an Donnerstag, den 28. Juli, in die deutschen Kinos. Welches Kino in Ihrer Nähe den Film zeigt, <link http: kinofinder.kino-zeit.de programmsuche external-link-new-window>finden Sie hier.
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