Dieser Tage bekam der ehemalige FDP-Landtagsabgeordnete Volker Klenk gleich zweimal Post: Zuerst von der Staatsanwaltschaft Stuttgart "mit freundlichen Grüßen auf Anordnung" eine Verfügung vom 8. 7. 2016 mit der Entscheidung: "Das Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen Körperverletzung im Amt wird nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt." Wenig später bestätigte ihm das Polizeipräsidium Stuttgart, "Referat Recht und Datenschutz", mit Schreiben vom 14. 7. 2016, er sei "nach den Ergebnissen der staatsanwaltlichen Ermittlungen im Rahmen des polizeilichen Einsatzes durch Anwendung von Pfefferspray beim Sehen beeinträchtigt" worden. Man habe sich daher mit seiner Schmerzensgeldforderung vom 10. 2. 2016 befasst.
In Pfefferspray sind nur natürliche und ungiftige Wirkstoffe
Der Ex-Mdl (1976 bis 80) wird vom Polizeipräsidium mit dem Hinweis beruhigt: "Beim Wirkstoff des Pfeffersprays (Oleoresin Capsicum) handelt es sich um einen natürlichen und ungiftigen Wirkstoff. Er erzeugt kurzfristig heftige Reaktionen auf der Haut und in den Augen, die erfahrungsgemäß nach 15 bis 30 Minuten wieder abklingen und keine weiteren Schäden verursachen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich um eine leichte körperliche Beeinträchtigung ohne weitergehende Folgen. Nach Abwägung der bekannten Umstände und unter Berücksichtigung von Vergleichsfällen ist in Ihrem Fall eine Entschädigung in Höhe von 300,00 € angemessen."
Auf das Vorbringen Klenks, seine Beschwerden hätten nach dem 30. 9. 2010 längere Zeit angehalten, auch jetzt leide er noch gelegentlich darunter, wird dabei nicht eingegangen. Und auch nicht auf die "Handhabungshinweise für Reizstoff-Sprühgeräte mit Pfefferspray" des Polizeitechnischen Instituts der Deutschen Hochschule der Polizei. Dort wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass längere Einwirkung von Pfefferspray auf das Auge "zu einer schweren und schlimmstenfalls irreversiblen Schädigung des Auges führen" kann. Und in einem Merkblatt der Polizei-Führungsakademie Münster heißt es gar: "Betroffene müssen so lange, bis die Wirkung des Reizstoffes abgeklungen ist, unter ständiger Beobachtung bleiben." So eine Betreuung hätten sich die Verletzten im Schlossgarten auch gewünscht.
Wink mit dem Zaunpfahl: Ansprüche sind verjährt
Dann winkt der Verfasser des Schreibens an Klenk noch schnell mit dem Zaunpfahl: "Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass der Schadenersatzanspruch bereits durch Zeitablauf verjährt ist (§§ 195, 199 BGB)." Dieser Satz findet sich in allen Kontext vorliegenden Schreiben des Leitenden Regierungsdirektors Gerhard Groß, der im Polizeipräsidium Stuttgart über die Ansprüche entscheidet. Das ist alles andere als unumstritten, denn ausgerechnet dieses Polizeipräsidium, vor allem dessen damaliger Präsident, der inzwischen wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt vorbestrafte Siegfried Stumpf, hat die rechtswidrigen Verletzungen von zahlreichen Demonstrationsteilnehmern schließlich zu verantworten. Zum einen. Und zum anderen hat ebenjener Gerhard Groß im Herbst 2015, als es vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart um die Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes im Stuttgarter Schlossgarten ging, aufseiten des Landes die Meinung vertreten, die Gewalt am Schwarzen Donnerstag sei von den Demonstranten ausgegangen (<link http: www.kontextwochenzeitung.de politik nicht-alles-ist-verjaehrt-3279.html _blank external-link>Kontext berichtete).
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Bruno Bienzle
am 31.07.2016