Apropos Christian Lindner: Seine Frau, die Autorin und Unternehmerin Franca Lehfeldt, veranstaltet selbst einmal im Jahr das "WoMen on Top"-Event, auf dem "Deutsche Stars" sich "für Chancengleichheit" einsetzen. Dieses Jahr stand das Powerfrauenfest unter dem Motto "Gleichberechtigung geht uns alle etwas an". Zusammen mit ihren Mitstreiterinnen Nena Brockhaus (Autorin, "Alte weise Männer", "Ich bin nicht grün – Ein Plädoyer für Freiheit") und Schauspielerin Vivian Wulf ("Alarm für Cobra 11", "Das Traumschiff", "Rosamunde Pilcher") hat auch Lehfeldt, wie die Veranstalterinnen des "Female Future Force" und der Club europäischer Unternehmerinnen, ein klares Ziel: "Ein Zeichen für Chancengerechtigkeit setzen und den Geschlechterkampf beenden." Aber bitte ohne irgendwas mit links oder Feminismus.
Eierleckerinnen des Patriarchats
Wie sich alle diese konformistischen Girlbosses ihre durchideologisierte, konservative und neoliberale Affenscheiße im Hirn als irgendetwas Emanzipatives zusammenschwurbeln, das weiß der Teufel. Die Wahrheit ist doch: Der "Pay Gap" schließt sich nur, wenn Frauen noch mehr in "Männerberufen" arbeiten und die "gerechtere" Aufteilung von "care work" lässt sich nur bewerkstelligen, wenn ärmere Frauen noch mehr "Frauenarbeit" übernehmen, damit beide Eltern Karriere machen können.
Selbst Alice Schwarzer (auch Gästin bei "WoMen on Top") geht es mittlerweile nur noch um sich selbst. Weder der "FFF-Day", noch der "Club europäischer Unternehmerinnen", noch das "WoMen on Top"-Event oder irgendein eine andere Ich-AG, die Frauenrechtskämpfe als Marketingstrategie für kommerzielle Zwecke missbraucht, hat irgendetwas mit der Befreiung aus unterdrückerischen Verhältnissen zu tun. Auf diesen Ego-Showcases kämpfen die Eierleckerinnen des Patriarchats entweder dafür, genauso ausgebeutet zu werden wie die Männer, oder dafür, gleich selbst das Patriarchat zu werden. Keine dieser selbstoptimierungsgeilen Clown-Veranstaltungen mit irgendwelchen "Hot Seats" und "Key Notes" über Gleichberechtigung und Diversity für "eine bessere Welt" trägt irgendeinen Funken Systemkritik in sich, der sich mit der Ursache patriarchaler Unterdrückung auseinandersetzt. Ein Kampf für Frauenrechte, der ernsthaft an Veränderung interessiert ist, muss sich aber mit den ökonomischen Verhältnissen auseinandersetzen. Er muss antikapitalistisch sein. Und er muss unversöhnlich sein. Er darf keine Brücke über dem "gap" schlagen wollen und ihn so zu einer Naturkonstante erklären. Er muss die Brücke abbrennen.
Denn drehen sich emanzipative Bestrebungen weiter in identitätspolitischen Hasenlöchern nur um sich selbst, oder ergehen sich im reaktionären Bedürfnis, selbst das Patriarchat werden zu wollen, braucht sich keine Frau wundern, dass sie auch in hundert Jahren noch nicht selbstständig darüber entscheiden darf, ob sie ein Kind austragen will, oder nicht. Es ist wirklich einer der größten gesellschaftlichen Skandale der Gegenwart: Dass Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland selbst im Jahr 2024 noch immer verboten sind. Dass Dritte darüber entscheiden, ob eine Frau ein Kind kriegt oder nicht. Das juckt den feministischen Mainstream aber nicht sonderlich. Stattdessen wird es als feministische Errungenschaft erachtet, dass sich jetzt auch Frauen und nicht-binäre Menschen für die Wirtschaftsinteressen ihrer Nation abknallen lassen dürfen. Geil. Wie absurd ist es bitteschön, dass sich ein Bundeskanzlerkandidat wie Friedrich Merz (CDU) zusammen mit seiner Pimmelpartei vor den Bundestagswahlen im Februar 2025 hinstellen kann und damit Wahlkampf macht, dass er "entsetzt" darüber sei, dass SPD und Grüne Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche legalisieren wollen? Einen "gesellschaftlichen Großkonflikt" fürchtet Merz beim Vorstoß, den Paragrafen 218 "im Schnellverfahren zum Ende der Wahlperiode abzuschaffen". Denn das Thema "polarisiere" das Land "wie kein zweites" und man bräuchte für so ein Thema "Zeit" und "Gutachten".
Freiheitsliebe im Sinne Donald Trumps
Als wären 104 Jahre nicht genügend Zeit gewesen. Schon zwischen 1920 und 1926 gab's im Reichstag immer wieder Vorschläge zur Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen seitens der KPD, SPD und USPD. Obwohl damals schon Frauen im Reichstag saßen, scheiterten sie am Patriarchat. Jetzt leben wir im Jahr 2024 und der Paragraf 218 entspricht in großen Teilen noch immer der Fassung von 1871. Und dafür hat es nicht einmal eine AfD und irgendwelche Volkskörper-Feelings gebraucht. Auch ein Marco Buschmann von der FDP wähnt den sozialen Frieden in Gefahr, wenn Frauen selbst über ihre Körper entscheiden dürfen und das Verbot des Schwangerschaftsabbruchs als patriarchales Kontrollinstrument wegfällt. Sein Bundestagskollege Max Mordhorst sieht "My Body My Choice" sogar in den "Top Charts der dämlichsten Phrasen der letzten Jahre", weil eine liberale Gesellschaft natürlich "nicht grenzenlos gelten kann". Er dürfe seinen Körper ja auch nicht nutzen, "um jemandem eine reinzuhauen", postete der Bundestagsabgeordnete der FDP jüngst auf X.
Auch bei den Liberalen endet die Freiheitsliebe, ganz im Sinne Donald Trumps, beim Körper der Frau. Weil ihre Freiheit vor allem die Freiheit der herrschenden Klasse ist. Und weil es selbst in der aufgeklärtesten Gesellschaft aller Zeiten noch wichtiger ist, wie sich Männer und andere unbeteiligte Dritte dabei fühlen, wenn Frauen selbst über ihre Körper bestimmen. Our bodies, their choice. Nichts anderes bedeutet das Geplapper über gefürchtete "Großkonflikte" und gesellschaftliche Spaltungen, wie sie auch Karl Lauterbach (SPD) wittert, als die Aufrechterhaltung struktureller Repression der Frau im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts. Wer die als Frau gerne noch weitere 100 Jahre aufrechterhalten will, baut weiter Brücken zwischen Kapitalismus und Patriarchat.
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Twist
am 17.12.2024