Am Sonntag nach dem, was in Stuttgart als "Krawallnacht" bekannt wurde, kam sogar Horst Seehofer in die Landeshauptstadt. Der Bundesinnenminister von der CSU traf sich mit seinem CDU-Innenministerkollegen Thomas Strobl vor einem demolierten Streifenwagen und forderte harte Strafen für die Randalierer. Ein "Alarmsignal für den Rechtsstaat" sei das, was da in Stuttgart passiert sei, sagte Seehofer. Auch Strobl ließ sich nicht lumpen: "Straftäter, Randalierer, Plünderer werden in Stuttgart konsequent verfolgt und strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen."
Extra zum Pressetermin wird das Polizeiauto, das Federn lassen musste, vor versammelter Fotografenschar noch einmal in die Innenstadt gefahren. Bundesweit entflammen Diskussionen über Stuttgarts Jugend, erst die "Party-Szene", dann über jugendliche Migranten. Die einen sind sich sicher, keine Strafe könnte hart genug sein, um die Beteiligten dranzukriegen. CDU und Polizei in Stuttgart fordern die Recherche der Migrationshintergründe der Beteiligten. Andere wiederum fordern Verständnis für die Jugendlichen, vernachlässigt während der ersten Corona-Welle, arm dran, weil im Juni einfach nichts offen hatte, um jugendliche Energien loszuwerden. Und weil, ganz unabhängig von Corona, vor allem solche Jugendliche, die äußerlich nicht wie Torben oder Max Biodeutscher aussehen, andauernd in Polizeikontrollen geraten und deshalb kein besonders gutes Verhältnis haben zur Staatsmacht.
Dennoch: Was passiert war in der Landeshauptstadt, vor allem da, wo nicht nur Fensterscheiben zu Bruch gingen, sondern auch Gewalt gegen Personen gerichtet wurde, war nicht schön. Andererseits: Dass es in dieser speziellen Seuchen-Situation bei jungen Leuten mal den Korken raushaut – geschenkt.
Die Staatsanwaltschaft hatte Bewährung gefordert
Geschenkt hat das Amtsgericht in der vergangenen Woche den beiden Angeklagten allerdings überhaupt nichts. Ein 18-Jähriger und ein 19-jähriger Krawall-Beteiligter wurden da verurteilt, beide zu zweieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung. Es waren die beiden ersten Urteile in Sachen Krawallnacht, die in öffentlichen Verhandlungen und unter größtmöglicher Beobachtung gegen Volljährige gefällt wurden. Der 19-Jährige war vorbestraft wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (BTMG), der 18-Jährige hatte keine Vorstrafen, dafür aber Einträge wegen Beleidigung, Fahren ohne Führerschein und Diebstahl.
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Martha Reiser
am 21.11.2020