Für die BesetzerInnen der Gartenstraße 7 in Tübingen (Kontext berichtete) kam die Nachricht aus dem Nichts: Binnen weniger Tage würden Strom, Wasser und Gas abgestellt. Ausgerechnet in jener Woche Mitte November, in der sich die Temperaturen in der Stadt am Neckar zum ersten Mal im Minusbereich bewegten. Ein Szenario, mit dem seit der Besetzung der Immobilie im Juli niemand gerechnet hätte.
Denn im Gegensatz zu symbolischen Kurzzeitbesetzungen in anderen deutschen Städten, hat sich die "Gartensia" mittlerweile fest im Bild der Tübinger Altstadt etabliert. Ganz ohne Eskalation seitens der BesetzerInnen oder Drohgebärden der EigentümerInnen. Im Gegenteil: In einem Brief an die Erbengemeinschaft des Hauses, das zwischen Verbindungshäusern in prestigereichster Lage am Neckar liegt, sicherten die AktivistInnen ihre Kooperationsbereitschaft zu. Auch der Kontakt mit dem Makler, der die BesitzerInnen des Hauses gegenüber Stadt und Besetzung vertritt, belief sich auf freundliche Besuche und respektvolle Gespräche. Man sei in Verhandlung, hieß es über die Monate.
Alarmglocken schrillen
"Es war fast schon ein bisschen unheimlich, wie gut alles läuft", sagt Emmi, die das Haus im Sommer mitbesetzte und noch immer mehrmals in der Woche dort ist. "Wir wissen, dass wir den Erben, der Stadt und vor allem den Wohnraumbeauftragten viel Arbeit machen", ergänzt Charly, bei der am Dienstag vergangener Woche "die Alarmglocken losgingen", nachdem der Bescheid über den drohenden Eingriff vorlag. Noch am Abend wurde ein Sonderplenum einberufen, sogar die Wohnraumbeauftragten erschienen dazu außerhalb ihrer Arbeitszeiten, verschiedene Optionen wurden in einer Gruppe von mehr als 40 Menschen durchdiskutiert.
Eine tatsächliche Eskalation will niemand, da sind sich die BesetzerInnen einig. Schon vor Monaten unterbreiteten sie dem Makler den Vorschlag, für bereits anfallende und kommende Nebenkosten aufzukommen. Auch die Perspektive eines Zwischennutzungsvertrags wurde seitens der AktivistInnen nicht ausgeschlossen. Über ein anderes Hausprojekt aus dem Mietshäusersyndikat (MHS) könnten die Kosten gestemmt werden. Einen Verein, um Mitglied im MHS zu werden, haben die BesetzerInnen bereits gegründet. "Dann hätten zumindest diejenigen, die jetzt fest dort leben, für den Winter einen sicheren Ort zum Schlafen", sagt Emmi.
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