Stuttgarts OB Fritz Kuhn hatte schon vergangenen Dezember einen Brief an Angela Merkel geschrieben, in dem er die "grundsätzliche Bereitschaft" der Landeshauptstadt unterstrich, "Flüchtlinge aus der Seenotrettung aufzunehmen". Allerdings müsse die Bundesregierung die Voraussetzung dafür schaffen, denn das Asylrecht sei "keine kommunale Angelegenheit".
In Tuttlingen schon. Weil die AfD bei der Kommunalwahl im Mai nicht über einen einzigen unter 37 GemeinderätInnen hinausgekommen ist und weil der – der Fahrlehrer Peter Stresing – auch noch für die entsprechende Resolution stimmte, hat den örtlichen Abgeordneten Emil Sänze und damit einen der Rechtsaußen unter den AfD-Volksvertretern im Landtag der populistische Furor gepackt. Sänze hat ein Bürgerbegehren unter dem Titel "Stoppt die Seebrücke!" gestartet, will "die unvernünftige, rechtswidrige, selbstherrliche und lediglich dem multikulturalistischen Partikularinteresse dienende Entscheidung des Gemeinderats" kippen. Der Mann ist Manager und war bei Perlen der Wirtschaft in diesem Land tätig, bei BMW und der Deutschen Bank. Was ihn nicht an solchen Sätzen hindert: "Dass aufgrund von Seebrücke-Resolutionen außerhalb der Rechtsordnung fremdkulturelle Masseneinwanderung in unsere Gemeinden eingesteuert werden soll, ist nicht nur eine Bedrohung unserer kulturellen Einheit, sondern unserer Demokratie."
Sänze kreativ: Untertanenkultur, ideologisch verbrämt
Wieder einer dieser Ausbrüche an der Nahtstelle zwischen reiner Provokation, die am besten mit Karl Valentin "nedd amoi ignorieren" beschieden werden, und der Notwendigkeit, sich dagegen zu positionieren. Im vorliegenden Fall ist Letzteres schon deshalb angebracht, weil Sänze aus Tuttlingen ein Vorbild für das ganze Baden-Württemberg machen will. Biberach, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Mehrstetten, Reutlingen, Rottenburg, Tübingen und Ulm haben sich bereits offiziell zu sicheren Häfen erklärt. In etlichen Räten stimmten alle Fraktionen für die entsprechende Resolution.
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!