Weil er ein Meister des vorläufig Verborgenen ist, verrät Lenk nicht, wer die Figuren sind, die künftig im Wolkenkuckucksheim, dem Ort der Wünsche und Sehnsüchte, wohnen werden. Wir schauen genauer hin und denken, der eine links könnte der Teufel sein, der andere rechts Mappus, den der Künstler immer "Schnappus Krokodilus" nennt, und jene in der Mitte, leicht nach hinten versetzt, die "Schwarze Mamba", bürgerlich Tanja Gönner, die nach Lenks Eindruck "verantwortungsbewusst schielt".
Aber wie gesagt, er legt sich da nicht fest und überlässt es der Vorstellungskraft des Betrachters, der an einem Sonntagnachmittag an sein Atelier in Bodman am Bodensee klopft. Wieder einmal, da in Kontext stehen soll, wie es um das Werk und seinen Schöpfer bestellt ist. Schritt für Schritt. Der "skandalumwitterte Bildhauer" (SWR) arbeitet, wie er das schon immer tut. Sieben Tage die Woche. 72 Jahre alt ist er und bisweilen ein bisschen erschöpft, weil er mit einem "gigantischen Denkmal" (nochmals SWR) kämpft: dem schwäbischen Laokoon, der mit einem ICE in Schlangenform ringt. Tonnenschwer und zehn Meter hoch, weil das Wolkenkuckucksheim noch Luft nach oben braucht. Es könnte sein, sagt der auch nicht jünger Werdende, dass es sein letztes großes Werk wird.
Darüber ist in den vergangenen Monaten viel berichtet worden. In einem langen Stück hat Josef Kelnberger, Reporter der "Süddeutschen Zeitung", erzählt, was der Lenk für einer ist und warum er dem Milliardenprojekt S 21, das der Journalist "tragisch-komisch" nennt, partout ein Denkmal setzen will? Weil da alles drin ist. Mieser Kapitalismus, pharisäerhafte Politik, religiöser Furor, unverhohlene Volksverdummung. Ein Anarcho erträgt es eben nicht, wenn ihm von Staats wegen ein Bahnhof untergejubelt wird, dessen Sinn sich ihm nicht erschließt beziehungsweise dessen Sinn ein ganz anderer ist, als ihn Leute vorgeben, die eingangs erwähnt worden sind. Diese Leute schickt der Eulenspiegel vom See, ganz im Sinne der Kunst, die gegen die Ordnung ist, ins Wolkenkuckucksheim. Als Putten, die ihre nackten Popos in die Höhe recken.
Die Pharisäer schickt der Anarcho ins Wolkenkuckucksheim
Irgendwo wird er dabei auch noch den Spruch von Friedrich Schiller unterbringen, den früher alle in der Schule lernen mussten: "Wanderer kommst du nach Sparta, verkünde dorten, du hättest uns hier liegen gesehen, wie es das Gesetz befahl". Sparta will er durch Stuttgart ersetzen, und schon weiß der Bildungsbürger, dass der staatsbürgerliche Gehorsam nichts Gutes verspricht (dazu ein Artikel aus der "Neuen Zürcher Zeitung", als sie noch liberal war).
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Kornelia
am 13.09.2019