Schlimme Tage liegen da hinter uns. Der vergangene Mittwoch war verheerend. Trump ist zum Präsidenten der USA gewählt worden, zum zweiten Mal. Und deutsche Unternehmen haben ihm beim Wahlkampf finanziell unter die Arme gegriffen. Unterstützung für das republikanische Lager kam beispielsweise vom Baustoff-Unternehmen Heidelberg Materials, dessen früherer Chef sich schon zu Trumps erster Amtszeit damit profilieren wollte, Zement für den Mauerbau gegen mexikanische Migrant:innen zu liefern (Kontext berichtete). Acht Jahre und ein Greenwashing später (Kontext berichtete) antwortet die Firma auf Kontext-Anfrage, wie die Wirtschaft in Baden-Württemberg mit dem Despoten an der Spitze der Weltmacht umgehen will, eher diplomatisch. Nachzulesen hier.
Und dann das Ampel-Aus am selben Tag. Die Union hat seit Langem kräftig mitgesägt am Ast, auf dem die drei Koalitionäre saßen. Und feiert sich seit Mittwoch derart unterirdisch als neue Kanzlerpartei, dass es selbst konservativen Wegbegleitern "stinkt". Andreas Püttmann sei da genannt, Politologe und viele Jahre für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung tätig gewesen. Auf Twitter/X schreibt er aktuell: "Die Decke der uns so selbstverständlichen Zivilisation hat sich noch nie so dünn angefühlt in meiner Lebenszeit."
Stuttgart 21: Postfaktisch gibt's auch hier
Die große Welt- und Bundespolitik wurde am vergangenen Donnerstag auch im Stuttgarter Rathaus aufgegriffen. Der Gemeinderat stimmte darüber ab, ob die Stadt eine Verfassungsbeschwerde gegen die Neufassung von Paragraf 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) einreichen soll – also gegen jenen vermaledeiten Paragrafen, der seit seiner Novellierung Ende 2023 die Bebauung der eventuell einmal durch Stuttgart 21 freiwerdenden Gleisflächen verunmöglicht (Kontext berichtete).
CDU-Stadtrat Alexander Kotz, natürlich für die Beschwerde, bekundete, bis vor Kurzem gehofft zu haben, dass die Bundesregierung eine Korrektur des Gesetzes mit eigener Mehrheit hinkriege, aber seit dem Ampel-Aus "muss man da ein Fragezeichen dran machen". Deswegen sei die Klage sinnvoll. Hannes Rockenbauch von SÖS wiederum, gegen die Klage, griff sogar über den großen Teich: Nach der Trump-Wahl komme es einem "merkwürdig vor, sich mit so komischen Sachen wie einem Allgemeinen Eisenbahngesetz auseinanderzusetzen". Aber all jenen, "die sich die Augen reiben über die USA", empfahl Rockenbauch den Blick vor die eigene Haustür: "Ich erlebe seit 20 Jahren im Rat, wie man mit postfaktischer Politik erfolgreich sein kann."
Gemünzt war das vor allem auf Stuttgart 21 und Klimaschutzerwägungen. Zu Recht – das Sichtbarmachen faktenferner Pro-S-21-Argumente gehört seit jeher auch zu den Lieblingsbeschäftigungen von Kontext. Am Ende ging die Entscheidung im Rat für die Verfassungsbeschwerde bei nur acht Gegenstimmen durch.
Kontext-Fotograf auf dem Podium
Unser Kolumnist Joe Bauer erwartet derweil, dass Trumps "faschistisch gefärbte Kapitalismus-Dröhnung auch zu uns herüberschwappen wird". Er hat kürzlich die aktuelle Ausstellung "Protest – Von der Wut zur Bewegung" im Württembergischen Landesmuseum besucht. Dort kann man auf einen Zettel schreiben, wann die nächste Revolution gestartet werden soll. Angesichts der aktuellen Weltlage: am besten gleich. Erfahrungswerte können da nicht hoch genug eingeschätzt werden, deshalb hier ein Ausflugstipp: Unser Fotograf Jens Volle wird am 21. November im Begleitprogramm der Protest-Ausstellung auf dem Podium sitzen und von seinen Erlebnissen auf Demonstrationen und bei Protestaktionen berichten.
Prozess gegen Kontext
Kontext stand einmal mehr vor Gericht gegen den Neonazi, der erstmals 2018 wegen des Artikels "'Sieg Heil' mit Smiley" gegen uns vorgegangen ist. Wir haben damals aus Facebook-Chatprotokollen des ehemaligen Mitarbeiters zweier baden-württembergischer AfD-Landtagsabgeordneter berichtet.
Vernommen wurde zum Termin am Oberlandesgericht Frankfurt am Main zum zweiten Mal einer der Chat-Partner. Erinnern konnte der sich auch am vergangenen Donnerstag an nichts. Wann es zu einem Urteil kommt, ist unklar.
Eröffnungstanz mit Kretschmann
Am vergangenen Freitag war Landespresseball. Den Eröffnungstanz gab in diesem Jahr unsere langjährige Autorin und Landtagskorrespondentin Johanna Henkel-Waidhofer im Duett mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) – allerdings nicht im Auftrag von Kontext, sondern als Vorstandsmitglied der Landespressekonferenz. Bei Weitem übrigens nicht ihr erster Walzer: Sozialisiert im roten Wien, tanzte sie nicht nur, aber auch auf diversen Arbeiter-Bällen.
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