Die seit vielen Jahren geplante Sanierung der Stuttgarter Oper hat noch nicht mal angefangen, zeichnet sich aber jetzt schon aus durch Verzögerungen, Verteuerungen und Versagen. War bei der Oper etwa eine geplante Kreuzbühne für viele Kontroversen und immer wieder steigende Kostenprognosen verantwortlich, sorgte bei der Interimsspielstätte erst die Standortwahl, dann der Baustart für fortwährenden Unmut. Was, wenn die Interimsspielstätte nicht zur IBA, zur großen Bauausstellung 2027, fertig wird, fragte Kontext vor zweieinhalb Jahren den IBA-Intendanten Andreas Hofer. Seine Antwort: "Vielleicht ist eine große Holzbaustelle auch ein attraktives Exponat." Tatsächlich wird noch nicht mal eine Baustelle zu besichtigen sein. Die Interimsspielstätte wird auch nicht bis 2028 fertig, wie Hofer im Sommer 2023 noch dachte, sondern vier Jahre später – sagen jedenfalls aktuell Stadt und Land.
Das neue Desaster wurde vor einer Woche bekannt gegeben, nach einer Sitzung des Verwaltungsrats der Staatstheater. Oberbürgermeister Frank Nopper verkündete daraufhin fünf Botschaften an die Presse: 1. "Wir" planen die Opernsanierung seit 25 Jahren, will sagen: sehr gründlich. 2. Es gebe keine neuen Erkenntnisse zu den Kosten. 3. Alle Optimierungs- und Beschleunigungspotenziale würden geprüft. 4. Denk- und Sprechverbote werde es nicht geben, aber auch keine neue Grundsatzdebatte. Und 5. zum Thema Transparenz: "Das ist der Anspruch, den wir an uns selbst haben."
Zum Leidwesen der Stadt gab sich die vierte Gewalt im Staat, die Presse, damit nicht zufrieden. Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) sah sich genötigt, den Vorwurf zurückzuweisen, die Planung "vertrödelt" zu haben. Die Meldung der Stuttgarter Blätter, Stadt und Land hätten "schlicht den Tiefbau in höchst schwierigem Gelände vergessen", dementierte die Stadt mit einer eigenen Pressemitteilung. Wie aber war es dann? Kontext fragte nach.
Zu komplex für die Stadt
Ungewohnt schnell kommt die Antwort: "Die verlängerte Projektdauer ist das Ergebnis einer vertieften Planung", heißt es da, "die den komplexen Anforderungen Rechnung trägt." Ja, immer diese blöde Komplexität. Und: Eine "eingehendere Detailplanung" (nach 25 Jahren) sei auch deshalb nötig, "weil die Einpassung der Projekte in die planungsrechtlichen Vorgaben der Bebauungspläne und die Umsetzung der hohen Nachhaltigkeitsstandards aufwändiger sind als ursprünglich erwartet." Genau, wer konnte schon vorab diese Bebauungspläne kennen ...
Dies habe sich erst jetzt herausgestellt, weil sich erst im Mai 2024 die Projektgesellschaft Württembergische Staatstheater (ProWST) gegründet habe, die zunächst die Teilprojekte "Neubau eines Werkstattgebäudes an der Zuckerfabrik" und die Sanierung des eigentlichen Opernhauses übernommen habe, kurz darauf auch die Planung des Interimbaus. Warum diese Gründung der Projektgesellschaft wiederum so lange gedauert hat, bleibt nebulös.
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Uwe Kulick
vor 1 Woche