"O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie treu sind deine Blätter.
Du grünst nicht nur zur Sommerzeit,
nein auch im Winter, wenn es schneit:
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie treu sind deine Blätter!"
Nein, betont Georg Jehle, es liegt nicht am Weihnachtsbrauch, dem jährlich Millionen von Bäumen zum Opfer fallen, dass es um den Wald so schlecht steht. Der "Christbaum" ist meist ein Plantagenbaum, um den man sich nicht sorgen müsse, meint der Forstmann. Sorgen bereiten ihm dessen wilde Geschwister, die in ihrer Vielzahl den Wald ausmachen und dessen Wohl und Wehe Georg Jehles Berufsleben galt. Der Leiter des Kreisforstamts Biberach geht Ende des Jahres in den Ruhestand.
Bei einem Waldspaziergang entlang des Krumbachs in Ochsenhausen resümiert der gebürtige Schwarzwälder, was sich in 40 Jahren im Wald getan hat, und erinnert sich, wie das so genannte "Waldsterben" ihn bereits als Forststudent in Freiburg prägte: "Der Wald stirbt" titelte der "Spiegel" Ende 1981 und die Deutsche Bundespost appellierte 1985 auf einer Sonderbriefmarke (80 Pfennig) "Rettet den Wald". Und tatsächlich, es kam nicht so schlimm wie die Medien und viele Forstleute und Naturschützer befürchtet hatten. Der Wald war zwar großflächig krank, der "saure Regen", verursacht durch die Luftverschmutzung aus Kraftwerksschloten und Autoauspuffen, führte zum Absterben von Tannen und der sichtbaren Schwächung von Fichten und Buchen. Das fortgeschrittene Stadium dieses Siechtums konnte man jenseits der Grenze im tschechischen Erzgebirge studieren, wo statt strammer Fichten ein Meer von dürren Baumgerippen in den Himmel ragte.
Die Statistik gibt keine Entwarnung
Aber den Deutschen liebster Sehnsuchtsort, der Wald, ereilte dank umweltpolitischen Handelns nicht das gleiche Schicksal. Die Entschwefelung der Kohlekraftwerke und die obligatorische Installation von Katalysatoren in Autos brachten Entlastung, und die Förster sorgten eifrig dafür, dass kranke Bäume gefällt wurden, bevor die Käfer sie zur Brutstätte machten. Das half auch der Optik, und in Folge geriet der jährliche Waldschadensbericht mehr und mehr zum Ritual – obwohl die nüchterne Statistik keine wirkliche Entwarnung gab.
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Hann Sonnotka
am 12.12.2019