Es ist Samstag, der 13. Juli dieses Jahres. Etwa 1000 Menschen demonstrieren in der Landeshauptstadt gegen das neue Polizeigesetz in Baden-Württemberg. Das überparteiliche Bündnis #NoPolGBW kritisiert "eine der schärfsten Polizeigesetzes-Novellen der Bundesrepublik", die 2017 beschlossen wurde. Darin enthalten sind präventive Aufenthalts- und Kontaktverbote beim bloßen Verdacht auf schwere Straftaten, der Einsatz von elektronischen Fußfesseln und Staatstrojanern sowie eine algorithmengestützte Videoüberwachung des öffentlichen Raums, die verdächtige Bewegungsmuster erkennen soll.
Auch die Landesgeschäftsstelle der regierenden Grünen in der Stuttgarter Königstraße ist ein Ziel des Protests. Rund ein Dutzend Aktivisten postieren sich vor dem Eingang – und zwei von ihnen fangen sich eine Anzeige wegen Nötigung und Beleidigung ein. Gabriel und Zou (Namen geändert) schildern die Aktion gegenüber Kontext als eine symbolische Blockade: So hätten sie Pappkartons mit der Aufschrift "Für mehr Überwachung: Wählt grün" vor dem Eingang aufgestellt. Infolgedessen sei es zu einem "kleinen Wortgefecht" mit grünen Funktionären und Mitarbeitern der Geschäftsstelle gekommen, die "nicht so erfreut" gewirkt und sie bei der Aktion gefilmt hätten. "Außerdem soll ich jemanden geschubst haben", berichtet Gabriel, deswegen sei er auch wegen Körperverletzung angeklagt. "Aber daran erinnere ich mich ein bisschen anders, und davon gibt es auch keine Videoaufnahme."
Der Schatzmeister hat auch schon sitzblockiert
So erzählen es die Beschuldigten. Die beiden Grünen, die einen Strafantrag gegen die Zwei gestellt haben, lassen auf Anfrage der Redaktion ausrichten, sich nicht zum laufenden Verfahren zu äußern (was nicht unüblich ist, sondern meist von Anwälten empfohlen wird). Einer der beiden, der als Geschädigter Strafverfolgung beantragt, ist Landesschatzmeister Wolfgang Kaiser (70), Mitbegründer der Grünen in Baden-Württemberg und früher "eine Art Revoluzzer", so der "Südkurier", der sich unter anderem auf seinen Mutlangen-Einsatz (1983) gegen die Pershing-Raketen bezieht. Damals habe ihn sogar die Polizei von der Straße tragen müssen.
Eine Sprecherin der Partei teilt nun mit, dass beide Betroffenen davon ausgingen, dass der Vorfall vor Gericht hinreichend geklärt werde. Einer der beiden Geschädigten sei zudem "tätlich angegangen" worden.
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Thomas
am 17.12.2019