Panik ist ein schlechter Berater, lernt man in konservativen Feuilletons über einen sinnvollen Klimaschutz, der, wie dort geschrieben steht, ein maßvoller sein muss. Große Teile der Politik scheinen diesen Ratschlag zu beherzigen und bändigen ihren Tatendrang – bevor es beim Bewahren menschlicher Lebensgrundlagen noch zu unüberlegten Übersprungshandlungen kommt. Seltener findet der Appell, sich bei der Entscheidungsfindung nicht allzu sehr von Emotionen leiten zu lassen, bei einem anderen Themenfeld Gehör, nämlich dem der Inneren Sicherheit: Hier darf spätestens seit dem 11. September 2001 die Angst mitregieren.
Bis an ihre Grenzen – und oft genug darüber hinaus – wird die Verfassung strapaziert, um Geheimdiensten und Polizei immer weitreichendere Befugnisse zu erteilen. "Einige der schärfsten Sicherheitsgesetze der Welt" seien in den vergangenen Jahren in Deutschland erlassen worden, urteilt die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Gegen mehrere davon legte sie erfolgreich Verfassungsbeschwerde ein.
Der legalisierte Abschuss von entführten Passagierflugzeugen; eine Rasterfahndung, die Millionen unbescholtener Menschen erfasste; die Vorratsdatenspeicherung; die Online-Durchsuchung; die gemeinsame Anti-Terror-Datei von Polizei und Inlandsgeheimdienst: All das wurde in Karlsruhe als verfassungswidrig und somit für nichtig erklärt, oder musste stark angepasst, eingeschränkt und an konkretere Bedingungen geknüpft werden, um noch mit dem Grundgesetz vereinbar zu sein – was Regierungen in verschiedensten Konstellationen nicht daran hindert, weiter zu versuchen, die Grenzen des Möglichen noch mehr auszureizen. "Um das mal so salopp zu sagen", kommentiert die Justizministerin a.D., "die Verfassungsgerichte sind stinksauer, dass ihre Urteile der vergangenen 20 Jahre in der Gesetzgebung einfach ignoriert werden."
Ein "Grundrecht auf Sicherheit" ist schlichtweg Unsinn
Vergangenen Montag stellte Leutheusser-Schnarrenberger ihr neues Buch ("Angst essen Freiheit auf") in Stuttgart vor und traute sich dort etwas auszusprechen, das im Allgemeinen deutlicher betont werden dürfte: "Es gibt kein Grundrecht auf Sicherheit." Mit eben diesem angeblichen Grundrecht wollte der frühere Innenminister Otto Schily (erst Grüne, dann SPD) nach dem 11. September 2001 seine beiden Sicherheitspakete begründen, die den Auftakt einer Serie von Gesetzen markierten, welche im Namen der Terrorismusbekämpfung verfassungsrechtlich geschützte Grundrechte weiter einschränkten.
Doch "Sicherheit ist die soziale Fiktion eines nie erreichbaren Zustands", wie es in einer Aufarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags heißt, die 2008 veröffentlicht wurde. Demnach sollen laut "der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechte in erster Linie die Freiheitssphäre des Einzelnen gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt schützen", was eine Voraussetzung sei "für eine freie aktive Mitwirkung und Mitgestaltung im Gemeinwesen".
2 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 09.10.2019Am 21.08.2017 veröffentlicht https://www.youtube.com/watch?v=EkBf3qiyIl4 11:11 Min.
Viele von euch haben in den letzten Wochen immer wieder gefragt, was Polizisten eigentlich dürfen, was nicht und was ihr dagegen…