Karl Buck fiel weich. Sehr weich für das, was er im NS-Regime getan hatte. Von März 1933 bis Juli 1940 war der gebürtige Stuttgarter nacheinander Kommandant der Konzentrationslager Heuberg bei Stetten am Kalten Markt, Oberer Kuhberg in Ulm und Welzheim im Schwäbischen Wald, danach bis 1945 Kommandant des Sicherungslagers Schirmeck im Elsass. Bucks Brutalität war berüchtigt, die Sühne dafür überschaubar. Seine letzten 22 Jahre verbrachte er in Freiheit, lebte ruhig und unbehelligt im nicht weit von Welzheim entfernten Rudersberg, wo er im Juli 1977 starb.
Dabei musste sich Buck nach dem Krieg vor dem Gericht der französischen Militärregierung in Rastatt wegen des Vorwurfs "Kriegsverbrechen" verantworten und wurde 1947 zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde 1952 in lebenslange Haft umgewandelt, im September 1955 wurde Buck dann vorzeitig aus der Haft entlassen.
Ehemalige Welzheimer KZ-Gefangene protestierten gegen Bucks Freilassung, ein altes Fotoalbum dokumentiert das auf Bildern einer Gedenkveranstaltung. Sie strengten auch einen Prozess gegen ihn an, eines von mehreren Verfahren vor deutschen Gerichten, die alle erfolglos endeten.
Von 1.000 Beschäftigten wurde gegen 78 ermittelt
Weich fielen auch viele andere der etwa 1.000 Beschäftigten, die in der NS-Zeit für die Gestapo in Württemberg oder Hohenzollern arbeiteten, ob in der Stuttgarter Zentrale im Hotel Silber oder an anderen Orten des Deutschen Reichs oder der besetzten Gebiete. "Nur gegen 78 wurde ermittelt", sagt die Historikerin Lea Berg. Sie hat gemeinsam mit Friedemann Rincke die Ausstellung "Gestapo vor Gericht. Die Verfolgung von NS-Verbrecher(n)" kuratiert, die erste Sonderausstellung im Erinnerungsort Hotel Silber seit dessen Eröffnung 2018.
Die Gestapo-Mitarbeiter und (wenige) Mitarbeiterinnen, gegen die ermittelt wurde, werden auf Tafeln mit Porträts und Kurzbiografien vorgestellt. Sie hängen in einer den ganzen Raum durchziehenden Gitterstruktur, einer Art dreidimensionalem Raster – versinnbildlichend, dass viele durch das juristische Raster fielen. "Die Gitterstruktur soll verdeutlichen, wie schwierig es war, die Gestapo-Beamten zu verfolgen, juristisch zu belangen", sagt Paula Lutum-Lenger, die Leiterin des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg, das den Erinnerungsort trägt. Was beim Zusammentragen der Biografien herauskam, sei "ziemlich frappierend", sagt sie.
Auf den Tafeln steht immer wieder "Vorzeitige Haftentlassung", "Freispruch" oder "Einstellung des Ermittlungsverfahrens". Die meisten früheren Gestapo-Leute konnten selbst nach Verurteilungen ein ungestörtes Leben führen. "Es ist kein Fall bekannt, in dem jemand wegen seiner Verurteilung nicht wieder beruflich Fuß fassen konnte", sagt Kuratorin Berg.
2 Kommentare verfügbar
Reinhard Gunst
am 24.01.2024