Seit dem Mittelalter durfte, wer jüdischer Konfession war, weder ein Handwerk noch Landwirtschaft betreiben. Dafür waren Juden nicht ans Zinsverbot gebunden und daher als Geldgeber geschätzt. Zwar erklärte die Kirche im 13. Jahrhundert das Geldwesen zur "lässlichen Sünde" und stützte sich nun vor allem auf Bankiers aus Florenz. Weltliche Herrscher bedienten sich dagegen weiterhin häufig der Dienstleistungen jüdischer Kreditgeber. Sie stellten sie unter Schutz und verlangten dafür eine Abgabe.
Immer wieder verfolgt und vertrieben
Daran hatte sich im 18. Jahrhundert im Prinzip nichts geändert – außer dass sich die Herrschaften immer neue Steuern ausdachten, die sie ihren Schutzbefohlenen auferlegen konnten. Aber das war nicht das größte Problem. Schwieriger war mit dem Neid und den Vorurteilen umzugehen, die gerade den wohlhabenden Juden von Seiten der Untergebenen entgegenschlugen. Insbesondere während der großen Pestwelle um 1350 kam es an vielen Orten im heutigen Deutschland zu Pogromen.
Das Leben der jüdischen Bevölkerung war unsicherer geworden. In der Freien Reichsstadt Esslingen etwa ist nach einem Pogrom 1348 zwar schon 1365 wieder jüdisches Leben dokumentiert. Doch 1435 wurden sie ausgewiesen. Um 1530 wollte die Stadt wieder Juden ansiedeln und erbaute dafür eine Häuserzeile in der heutigen Schmalen Gasse, die früher Judengasse hieß. Doch schon sieben Jahre später beugte sie sich die dem Druck Württembergs, das Esslingen 1519 angegriffen hatte: Die Juden mussten die Stadt wieder verlassen.
Esslingen war kein Einzelfall. Bis auf Wimpfen und Buchau wiesen alle Reichsstädte im Verlauf des 15. Jahrhunderts die Juden aus der Stadt. Und das Herzogtum Württemberg legte sich 1498 ebenfalls darauf fest, sie aus dem ganzen Land zu vertreiben. Längerfristig gelang es den Herzögen zwar nicht, dies durchzuhalten; ab 1710 erlaubten sie einigen "Hofjuden", sich wieder in Stuttgart niederzulassen. Diese bekamen es jedoch mit dem Hass der niederen Stände zu tun. Prominentes Opfer war der 1738 hingerichtete Joseph Süß Oppenheimer, über den die Nazis später den Propagandafilm "Jud Süß" drehten.
Gezwungen zum Wandergewerbe
Aus den Städten und aus dem Herzogtum vertrieben, blieb den Juden, soweit sie nicht in Richtung Osteuropa auswanderten, drei Jahrhunderte lang kaum etwas anderes übrig, als sich auf dem Land mit Wandergewerben durchzuschlagen. Damit befanden sie sich in Gesellschaft einer großen Zahl umherziehenden "fahrenden Volks": der Sinti und Jenischen, Korbwarenhändler, Musiker, Schausteller und Hausierer. In der Figur des zum Wandern verdammten "ewigen Juden", erstmals verbreitet in einem Volksbuch aus dem Jahr 1602, fand dieses Schicksal, verbrämt zur göttlichen Strafe, seinen literarischen Widerhall. Insbesondere als Viehhändler suchten viele ihr Auskommen, so sehr, dass etwa in Spiegelberg im Schwäbischen Wald das Wort "Jud" geradezu zum Synonym für Viehhändler wurde.
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