Diese "mutigen Männer", so Georg Brunnhuber, Chef des Vereins "Bahnprojekt Stuttgart-Ulm", hätten "fast auf den Tag genau vor 25 Jahren" die Idee für den neuen Bahnhof "in Auftrag gegeben". Deswegen sei es ein "historischer Moment", dass diese Männer jetzt noch einmal zusammenkommen, "um daran zu erinnern, wie gut diese Idee war". "Fast auf den Tag genau" war dabei etwas großzügig formuliert, denn es handelte sich um den 18. April 1994, als die Herren in einer Pressekonferenz "überfallartig" (Dürr) die Idee eines Umbaus des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Haltestelle präsentierten, doch derlei Großzügigkeit mag im Wesen der groß Denkenden liegen.
Bei der Inszenierung eines Pseudo-Ereignisses machen sich laut dem Wiener Kommunikationswissenschaftler Roland Burkart die Akteure "die Kenntnis journalistischer Selektionskriterien zunutze". Auch hier hatte das Presseteam des Projektbüros nichts dem Zufall überlassen: Statt in einem grauen Raum zu sitzen, was weniger eindrucksvolle Bilder ergibt, standen die vier Herren unter einer graumelierten Kelchstütze in der S-21-Baugrube und trugen dabei Bauhelme und Gummistiefel (wobei sich letzterem Teufel als einziger verweigerte).
Immer wieder: Die Greatest Hits der S-21-Anpreisung
Nicht ganz so wichtig waren bei diesem "historischen Moment" die Worte, was sich schon daran zeigte, dass die "mutigen Männer" ohne Mikrophon gegen den Baulärm ansprechen mussten, weswegen sie teils nur schwer zu verstehen waren. Von Hermann Schaufler hörte man sogar gar nichts, was aber daran lag, dass er gar nichts sagte. Schwamm drüber, denn was die Herren zur Kenntnis gaben, waren im Wesentlichen die seit einem Vierteljahrhundert kaum veränderten Greatest Hits der Stuttgart-21-Anpreisung: Da feierten die "Jahrhundertchance", die "Chance, mehr Menschen auf die Schiene zu bringen", und die Chance auf den "Anschluss an die großen Verkehrslinien im Land und in Europa" fröhliche Urständ, da war die Rede mal vom Lechtturmprojekt (Wissmann), mal vom Zukunftsprojekt (Teufel).
7 Kommentare verfügbar
Goldfrosch
am 19.09.2019Im Stuttgarter s21 Tiefbahnhof genehmigte das Eisenbahnbundesamt auf Druck der DB schließlich die Bahnsteig- und Schienenneigung vom Zehnfachen des Hamburger Wertes, was unschwer gravierende Unfälle mit Wegrollen nicht nur von Zügen, sondern auch von Kinderwägen, Rollstühlen und dergleichen erwarten lässt.
Stürze ins Gleisbett sind vorprogrammiert, wenn bei großem Andrang unter Druck der Bahnhof verlassen werden soll und die Bewegungsfreiheit dieser Fahrzeuge eingeschränkt ist. Wer ist für diese vorhersehbaren Unfälle dann verantwortlich oder wird die Haftung der DB einfach wegbedungen?
Fritz Walker
am 14.06.2019Bei solchen Entscheidungen erinnere mich an ein Zitat eines CDU-Bundestagsmitglied, dass in es den Parlamenten 90 % Generallisten und nur 10% Spezialisten gibt. Deshalb kann es einen nicht verwundern, dass Stuttgart 21 keine Ausnahme vieler Fehlentscheidungen ist.
Daher kann ich nur sagen: "Mit dem Geld, das wir nicht haben, bauen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um die Leute zu ärgern, die wir nicht mögen".
Hans Jörg Knapp
am 12.06.2019Und der Verband Region Stuttgart läßt sich mit den Mehrkosten über den Tisch ziehen.
Den Klick hier unten mache ich zwangsweise. Ich verstehe NICHTS
Ehemalige Stuttgarterin
am 13.06.2019Was meinten Sie bitte mit "Den Klick hier unten mache ich zwangsweise. Ich verstehe NICHTS"?
Meinten Sie vielleicht einen versteckten Bezug auf Stuttgart 21 oder doch die "Bedingungen", die man für einen Kommentar unten anklicken muss?
Diese sind allerdings unverständlich (und würden über 10 Druckseiten einnehmen) , und ich klicke sie auch nur blind an, da ich die früheren Bedingungen noch ungefähr erinnere und außerdem KONTEXT seit langem kenne.
Eberhard Scholz
am 12.06.2019Nina Picasso
am 12.06.2019.. und keine neuen Schulden!
[de.reuters.com]
Zitat
Weder eine direkte Hilfe vom Bund noch höhere Schulden kämen infrage, heißt es in Konzernunterlagen, die der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag vorlagen.
Wird natürlich auch im News-Forum diskutiert. Aber es gibt auch einen direkten Bezug zu S21.
>>Die inzwischen knapp vier Milliarden Euro, die die Bahn für S21 noch aufbringen muss, sind ja mittlerweile auch Bestandteil der "neuen Agenda", zu deren Finanzierung diese fünf Milliarden Euro fehlen. (Nachdem man jetzt auch den Risikotopf nach nur einem Jahr aufbrauchen muss, sind es dann eher 5,5 Milliarden, die noch fehlen)
Deswegen geht es jetzt noch mehr ans Tafelsilber:
Zitat
>>Damit bleibt der Deutschen Bahn zum einen nur der Verkauf oder Börsengang (IPO) der internationalen Nahverkehrstochter Arriva. Damit kann aber voraussichtlich das Finanzloch von fast fünf Milliarden Euro bis 2023 allein nicht vollständig gestopft werden. Daher werde zusätzlich eine Teilprivatisierung der Logistik-Tochter Schenker ins Auge gefasst
Kleiner Funfakt: die "Neue Agenda" wäre nahezu komplett finanziert, wenn es S21 nicht geben würde. Da hätte es gereicht, Arriva an die Börse zu bringen und nur einen (kleinen) Teil der Aktien zu verkaufen. Das wäre wesentlich einfacher gegangen. Der BRH hatte also Recht damit, dass S21 das Netz kannibalisiert!
Und die Bahn kann eben auch nicht "einfach" neue Schulden aufnehmen:
Zitat
>>Darüber hinaus würden noch höhere Schulden die Kreditwürdigkeit des Unternehmens gefährden, was man vermeiden wolle.
...jetzt haben wir auch das schwarz auf weiss.
Nach wie vor ist S21 also noch nicht durchfinanziert. Man wurschtelt sich höchstens noch eine Weile durch.
Da helfen auch nicht die "kleinen Finanzspritzen" aus Stuttgart. Das wird noch richtig krachen.
sod
am 12.06.2019