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SWSG-Wohnungen

Mieterhöhung und Modernisierung

SWSG-Wohnungen: Mieterhöhung und Modernisierung
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Die kommunale Wohnungsgesellschaft der Stadt Stuttgart hat den Auftrag, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen. Wegen steigender Nebenkosten und Modernisierungen geht aber auch bei der SWSG der Mietpreis in die Höhe. Eine Gruppe Mieter:innen in Stuttgart-Lauchhau fühlt sich im Stich gelassen.

Im Lauchhau im südwestlichen Stuttgarter Bezirk Vaihingen recken sich Mehrfamilienhäuser über mehrere Stockwerke in die Höhe. Die Fensterrahmen der Häuser sind blau oder orange lackiert und stechen farblich aus den ansonsten grauen Fassaden hervor. Die Wohnungen sind das Zuhause von hunderten Menschen – und sie sind Eigentum der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft SWSG, der größten Vermieterin der Landeshauptstadt. Ein Teil davon ist derzeit umhüllt von Baugerüsten und orangenen Sicherheitsnetzen. 2017 sollten die Modernisierungsarbeiten beginnen und bis Dezember 2020 alle Gebäude erneuert sein, verkündete die SWSG im Jahr 2016 auf ihrer Webseite. Doch noch immer wird in der Siedlung gebaut, Haus um Haus und Wohnung um Wohnung modernisiert. Grund für Unmut bei vielen Mieter:innen.

Eine davon ist Monika Panek. Seit Dezember 2007 wohnt die 66-jährige Rentnerin im Lauchhau, mit ihr leben zwei ihrer sechs Söhne und drei Katzen dort auf etwas mehr als 90 Quadratmetern. An einem Freitagabend Mitte Januar sitzen vier Nachbar:innen mit Panek und ihrem Sohn Tobias an deren Küchentisch zusammen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Sie sind genervt von den sich hinziehenden Bauarbeiten, berichten von Baumängeln und Handwerkern, die ihre Arbeit nicht anständig erledigen würden. Und sie klagen über fehlende Kommunikation seitens der SWSG. Die Gruppe um den Küchentisch sei bei der Baugesellschaft bereits dafür bekannt, sich "Dinge nicht gefallen zu lassen", sagt Panek. Viele andere Mieter:innen hätten Angst sich zu äußern, weil sie befürchten, dann aus ihrer Wohnung zu fliegen.

Monika Panek hat die Bauarbeiten in der Wohnung schon hinter sich, 2019 rückten bei ihr die Handwerksfirmen an. Dabei seien die Bauarbeiten alles andere als vorbildlich gelaufen, erzählt sie und zeigt Bilder auf ihrem Smartphone. Wo neue Rohre und Heizungen verlegt wurden, ist die Wand nur grob verputzt, aber nicht gestrichen worden. In der Küche haben sich Risse in der Wand gebildet, zudem hinterließen die Handwerker:innen oft Dreck, Staub und ganze Brocken aus der Wand nach getaner Arbeit an Ort und Stelle. Der Stromkasten, der früher für Panek einfach zugänglich war, hängt nun in ihrem Esszimmer – so hoch, dass die kleine Frau ihn nicht mehr ohne Weiteres erreichen kann. Und obendrein lassen sich die neuen Wasserzähler kaum ohne Hilfsmittel wie Spiegel oder Handy ablesen, weil sie in der Badezimmerwand so zwischen den Rohren montiert wurden, dass sie in Richtung Boden oder Decke blicken. "Und dafür zahle ich jetzt mehr Miete", seufzt Panek.

Plötzlich 164 Euro mehr pro Monat

Auch die anderen am Küchentisch berichten von negativen Erfahrungen während der Umbauarbeiten: von zerstörtem Laminat und Schimmel in der Wohnung; von Folien, die von außen über die Fenster geklebt wurden, sodass Lüften wochenlang nicht möglich gewesen sei; von dreckigen Hauseingängen, obwohl zugesichert war, dass zweimal wöchentlich gereinigt werde; von neu eingebauten Stromzählern, ohne dass der alte Zählerstand mitgeteilt worden sei. Eine Diskussion entbrennt am Küchentisch: Handelt es sich bei den Baumaßnahmen überhaupt um eine Modernisierung oder ist es vielmehr eine Instandhaltung, eine Sanierung?

Nachbarin Gaby Dämpfle wohnt in einem der Gebäude, in dem aktuell umgebaut wird. Sie zeigt ein Schreiben der SWSG vom Dezember 2023, mit dem sie die aktuellen Baumaßnahmen angekündigt hat: Vom Keller bis unters Dach wird im Gebäude umgebaut, neue Dämmungen sowie neue Heizkörper und Rohre, neue Fenster und Balkonverglasungen eingesetzt. Was als Modernisierung gilt ist im Paragraf 555b des BGB niedergeschrieben – dazu zählen auch Baumaßnahmen, "durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird" oder "durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden". Insgesamt belaufen sich die Umbaukosten für diesen Teil der Siedlung auf über 10,62 Millionen Euro, heißt es im Schreiben an Dämpfle, davon seien rund 3,43 Millionen für Modernisierungsarbeiten eingeplant.

Mietenlast trifft besonders die Schwächsten

Die Mietbelastung ist abhängig vom Gehalt und Wohnort, am höchsten ist sie in Großstädten und für Haushalte mit geringem Einkommen. Laut dem SWR gaben Mieter:innen in Baden-Württemberg im Jahr 2022 durchschnittlich 26 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Kaltmiete aus. Wer weniger als 1.500 Euro verdiente, musste sogar 47 Prozent für die Wohnung hinlegen – Nebenkosten noch nicht mitgerechnet. Deutschlandweit zahlen die rund 20 Millionen Miethaushalte im Schnitt mehr als ein Viertel ihres Einkommens, 16 Prozent davon – über drei Millionen Haushalte – sogar mehr als 40 Prozent. In der Landeshauptstadt Stuttgart gab 2022 fast jeder vierte Haushalt über 30 Prozent oder mehr aus.  (ks)

Acht Prozent der Modernisierungskosten dürfen pro Jahr auf die Miete aufschlagen werden, maximal aber drei Euro pro Quadratmeter im Monat. Liegt der monatliche Mietpreis bei unter sieben Euro pro Quadratmeter wie bei Dämpfle, dürfen sogar nur zwei Euro aufgeschlagen werden. Sie muss deshalb ab August knapp 164 Euro mehr zahlen für ihre etwa 82 Quadratmeter große Wohnung. Mahmut Özyürek, der ebenfalls am Küchentisch sitzt, sagt, er müsse mit Modernisierung und höheren Heizkosten etwa 250 Euro monatlich mehr stemmen. Bei Monika Panek stieg die Miete nicht so stark, sie zahle seit 2020 wegen der Modernisierung etwa 60 Euro mehr – in ihrem Wohnblock seien damals keine neuen Fenster oder Balkonverglasungen eingebaut worden, die Modernisierungskosten seien geringer gewesen.

Aufsichtsrat hat Mieterhöhung beschlossen

Ende letzten Jahres hat der Aufsichtsrat der SWSG turnusgemäß eine Mieterhöhung für SWSG-Wohnungen beschlossen. Im April erhalten die betroffenen Mieter:innen den Brief mit der Ankündigung dazu. Ab Juli verlangt die städtische Baugesellschaft sechs Prozent mehr Miete von denjenigen, die mehr als 7,50 Euro pro Quadratmeter Grundmiete zahlen. Wer bislang weniger gezahlt hat – und das dürfte auf viele SWSG-Mieter:innen zutreffen – muss sogar mit acht Prozent mehr rechnen. Eine Deckelung wie bei der letzten Mieterhöhung vor drei Jahren, damals waren es 35 Euro, gibt es dieses Mal nicht.

Eine Sprecherin der städtischen Baugesellschaft und Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) betonen auf Kontext-Anfrage den sozialen Charakter der SWSG: Die "Mietenanpassungen" berücksichtigten stets unterschiedliche Kappungsgrenzen und würden äußerst sozialverträglich umgesetzt. Im Sinne einer nachhaltigen Bestandsbewirtschaftung sei es notwendig, in regelmäßigen Abständen moderate Mietanpassungen vorzunehmen. Zudem seien die Kosten für Instandhaltungsleistungen zwischen 2019 und 2023 um fast 47 Prozent angestiegen während sich die Mieten der SWSG im selben Zeitraum nur um durchschnittlich 7,2 Prozent erhöht hätten. Ende 2023 habe die Durchschnittsmiete der SWSG-Wohnungen etwa 27,6 Prozent unter dem Mittelwert des Stuttgarter Mietspiegels gelegen. Da das Mietrecht alle 15 Monate eine Erhöhung ermögliche, dämpfe die SWSG mit ihrem dreijährigen Turnus die "Mieterhöhungspotenziale", schreibt Pätzold.

Oft sind die Nebenkosten höher als die Miete

Dabei stieg die Warmmiete in den vergangenen Jahren ohnehin an – nicht nur wegen Modernisierungskosten, die auf die Miete umgelegt werden, und ohne dass die Grundmiete erhöht wurde. Treibender Faktor sind dabei die Nebenkosten. Anfang Dezember erhielten die Mieter:innen am Küchentisch die Jahresendabrechnung für 2023. Damals drückten die im Jahr zuvor beschlossenen Preisbremsen die Kosten für Strom, Gas und Fernwärme und lieferten Anreize zum Energiesparen. Wer das geschafft hat, musste deutlich weniger zahlen, wie etwa die Familie Panek: Über 500 Euro Guthaben verzeichnet ihre Jahresendabrechnung. Anders sieht es aus bei ihrem Nachbarn Bekim Bajrami. Er lebt mit seinen Eltern und Kindern in einer Wohnung, über 1.600 Euro müssen sie für das Jahr 2023 nachzahlen, knapp 915 Euro davon für Heizkosten – trotz Preisbremse.

Überhaupt zeigt der Blick auf die Nebenkosten, dass diese die niedrigen Grundmieten oft übersteigen. Das sei üblich, heißt es am Küchentisch. Unglück für diejenigen, die einen großen Teil ihres Einkommens in die Miete stecken: Wenn die Kaltmiete 30 Prozent des Nettohaushaltseinkommens übersteigt, bezuschusst die SWSG nach einer sogenannten Mietbelastungsprüfung die Mieterhöhung für drei Jahre. Filippo Capezzone von der Linkspartei, Mitglied im Bezirksbeirat Stuttgart-Süd und tätig beim Mietnotruf der Linken, sieht das kritisch. Weil dabei nur die Kaltmiete berücksichtigt wird, fällt für viele Mieter:innen diese Stütze weg. Außerdem seien beispielsweise bei alten Wohnungen die Kaltmieten sehr gering, wegen schlechter Wärmedämmung aber die Nebenkosten sehr hoch, wodurch die Gesamtmiete oft mehr als 30 Prozent des Nettoeinkommens ausmache. Selbst wenn sich de facto wegen des Zuschusses die Miete sich nicht erhöht, bestehe die SWSG formal darauf, dass die Miete höher ist, damit der höhere Mietpreis bei neuer Vermietung als Grundlage herangezogen werden kann, vermutet Capezzone.

Belastungsprüfung als Feigenblatt

Die Mietbelastungsprüfung bezeichnet der Linke als "Feigenblatt". Die Mieter:innen würden dazu nur unzureichend informiert, wenn sie im April das Schreiben zur Mieterhöhung erhalten. Außerdem müssen sie bis zum 31. Mai den Antrag einreichen: Mehrere Seiten detaillierte Angaben über Einkünfte verlangt die SWSG. Das sei schon zu schaffen, aber schließlich hätten die Leute auch anderes zu tun, sagt Capezzone. Und wer bis Ende Mai keinen Antrag gestellt habe, "hat einfach Pech gehabt". Ebenso diejenigen, die nach der Frist den Job verlieren oder aus anderen Gründen ein geringeres Einkommen haben. Rückwirkend lässt sich die Mietbelastungsprüfung nämlich nicht mehr einreichen. Capezzone plädiert deshalb für eine Verlängerung der Einreichungsfrist, einen entsprechenden Antrag reichte seine Fraktion (Linke/SÖS) in den Bezirksbeirat ein. Ebenso solle über die Möglichkeit zur Belastungsprüfung schon frühzeitig, vor Eingang der Mieterhöhungsbriefe, informiert und die Formulare sollten bei Objektbetreuer und Bürgerbüro ausgelegt werden.

"Fair. Sozial. Transparent." Das schreibt sich die SWSG zum Stichwort Mieten auf die eigene Webseite. Die Schlagworte sorgen für Kopfschütteln in der Runde an Paneks Küchentisch. "Wir fühlen uns wie Menschen dritter Klasse", sagt Gaby Dämpfle, die Gruppe stimmt zu. Nirgends könne man seinen Ärger loswerden. Die Kommunikation zwischen Vermieter und Mieter finde nicht statt, sagt sie. Der Tenor der kommunalen Baugesellschaft klingt anders: Mit den Mieter:innen sei man in engem Kontakt, heißt es bei der Pressestelle. Mängel, die im Zuge der Modernisierung zustande kamen, seien bekannt. Diese sollen in Abstimmung mit der Projektleitung und der Bauleitung durch die ausführenden Firmen beseitigt werden. "Zudem bieten wir vor Ort regelmäßige Mietersprechstunden an, dreimal pro Woche können die Mieterinnen und Mieter außerdem die Sprechstunde des Objektbetreuers nutzen."

Von dem engen Kontakt spüren die Menschen im Lauchhau wenig, die Tischrunde berichtet von vielen Mails an die SWSG, die unbeantwortet blieben. Auch eine Unterschriftenaktion, mit der sich 180 Bewohner:innen der Siedlung gegen die geplante Mieterhöhung ab Juli wehren, blieb ohne Reaktion. Erst auf Nachfrage habe SWSG-Geschäftsführer Samir Sidgi auf die Informationsseite im Netz verwiesen, erzählt Panek. Mit Blick auf die angekündigten Mieterhöhungen wägt Dämpfle ab: "Trotz allem haben wir gute Mieten." Die Mieterhöhung finde sie nicht so schlimm. Panek dagegen äußert Bedenken: Sie habe früher in der ambulante Altenpflege gearbeitet und wisse deshalb, dass viele ältere Menschen – vor allem alleinstehende Frauen – nur eine kleine Rente haben. "Ich habe oft erlebt, wie der Kühlschrank bei diesen Leuten leer bleibt", sagt sie. Diese Menschen treffe eine Mieterhöhung besonders.

Thema Mieten in den Wahlprogrammen

Kontext dokumentiert bis zur Bundestagswahl – im Zusammenhang mit eigener Berichterstattung – einschlägige Positionen der Parteien.

CDU/CSU: "Die Mieten sind für viele Menschen zu hoch, das Bauen ist unerschwinglich geworden. Um den Markt zu entspannen, hilft nur mehr Angebot. Wir brauchen mehr neue Häuser und Wohnungen, schneller und günstiger. Dafür senken wir die Baukosten durch mehr Bauland und niedrigere, sinnvolle Standards. Wir sorgen für weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung und richten die Bau-Förderung neu aus. (…) Wir stehen für einen wirksamen und angemessenen Mieterschutz – dazu gehören auch die Regeln zur Miethöhe. Die hohen Mieten in vielen Ballungszentren sind ein großes Problem. Der soziale Wohnungsbau muss solide gefördert und das Wohngeld regelmäßig angepasst werden."

SPD: "In Ballungsgebieten soll Kurzzeitvermietung auf ein Mindestmaß reduziert werden. Die Mietpreisbremse soll unbefristet und auch für Immobilien, die bis 2019 bezogen wurden, gelten, um langfristig für stabile und bezahlbare Mieten in angespannten Wohnungsmärkten zu sorgen. Wir werden dafür sorgen, dass die Mietpreisbremse nicht durch zum Beispiel (teil-)möblierte und befristete Wohnungsangebote umgangen werden kann. Auch Indexmietverträge werden in Zukunft durch die Kappungsgrenzen normaler Mietverträge, wie der ortsüblichen Vergleichsmiete, gedeckelt. Zweckentfremdung und Leerstand von Wohnraum durch Kurzzeitvermietung sind zu unterbinden. Es soll mehr Transparenz über Bestandsmieten und Neuvermietungsmieten geben. Mietwucher muss wirksam unterbunden werden, unter anderem durch Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts. Die Möglichkeit zum Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen im BauGB wollen wir über 2025 hinaus verlängern. Zugleich wollen wir das Recht der Eigenbedarfskündigung reformieren und es auf die Wohnnutzung durch die Kernfamilie beschränken. (…) Wir wollen den dramatischen Anstieg der Mieten in Ballungsgebieten stoppen. Deswegen wollen wir, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt nur eine maximale Mietsteigerung von sechs Prozent in drei Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gestattet ist. (…) Die Nebenkosten für Mieterinnen und Mieter sollen transparenter und einfacher nachvollziehbar sein. (…) Wir wollen sicherstellen, dass Studierende und Azubis für ein WG-Zimmer möglichst nicht mehr als 400 Euro zahlen."

Grüne: "Die Mietpreisbremse muss verlängert werden. Sie soll Anstiege der Mieten über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus zudem stärker begrenzen. Den Betrachtungszeitraum zur Ermittlung der Vergleichsmiete wollen wir dafür deutlich verlängern. Wir wollen die Mietpreisbremse außerdem bereits auf Wohnungen anwenden, die älter als fünf Jahre sind. Und wir werden Schlupflöcher schließen, etwa wenn Wohnungen nicht zu fairen Preisen, sondern überteuert als möblierte Wohnung oder Ferienwohnung angeboten werden. Auch einen Stopp von Mietensteigerungen über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus wollen wir für sehr angespannte Wohnungslagen regional ermöglichen. Bei bestehenden Mietverhältnissen, auch bei Staffel- und Indexmieten, werden wir dafür sorgen, dass die Menschen nicht durch sehr starke Mietsteigerungen aus ihren Wohnungen vertrieben werden. (…) Mieter*innen wollen wir besser schützen, besonders vor dem Missbrauch von Kündigungen wegen Eigenbedarf oder Mietschulden. Viele Menschen haben das Interesse, ihre Wohnung zu tauschen, weil sich ihre Lebensumstände geändert haben. So könnte Wohnraum besser genutzt werden. Wir wollen Menschen bei diesen Plänen unterstützen, indem wir rechtliche Hürden abbauen und Förderinstrumente anpassen und flexibilisieren."

AfD: "Eigentum ist Freiheit, schützt vor Altersarmut und vor Mietsteigerungen. Umwandlungshemmnisse wollen wir aufheben. Mieter sollen beim Kauf von selbstgenutztem Wohneigentum z.B. durch Eigenkapitalersatz unterstützt werden. Zur Förderung der Eigentumsbildung werden wir einen Rahmen schaffen, in dem Mieter ihre Wohnungen von öffentlichen Wohnungsbauunternehmen zu vergünstigten Bedingungen erwerben können. Wohnungsbaugenossenschaften sollen bei der Vergabe von öffentlichen Grundstücken bevorzugt werden. (…) Der bisherige soziale Wohnungsbau ist gescheitert, er kann nur einen Bruchteil der Berechtigten erreichen. Er führt zu Fehlbelegungen und verursacht hohe Kosten für den Steuerzahler. Es ist besser, einkommensschwache Mieter vermehrt mit Wohngeld zu unterstützen, wodurch eine soziale Durchmischung gewährleistet wird. Reicht das Wohngeld nicht aus, um sich eine Wohnung zu sichern, ist den Bürgern zusätzlich ein kommunales Wohngeld zu zahlen. Die AfD steht für ein ausgewogenes Mietrecht und lehnt staatliche Überregulierungen sowie Investitionshemmnisse wie die Mietpreisbremse oder den Mietendeckel ab."

FDP: "Viele private Vermieter ziehen sich aus dem Markt zurück, weil Vermieten durch komplizierte Regelungen unattraktiv geworden ist. Das verschärft den Wohnungsmangel. Wir vereinfachen daher das Nebenkostenrecht. Die Mietpreisbremse ist nachweislich eine Investitionsbremse. Deshalb lassen wir sie auslaufen. Um Anreize für den dringend notwendigen Neubau zu schaffen, durchbrechen wir die staatliche Regulierungsspirale im Mietmarkt. Einen bundesweiten Mietendeckel wird es mit uns nicht geben. Zudem werden wir die starren Kappungsgrenzen bei energetischen Sanierungen lockern, damit die Modernisierung des Gebäudebestands vorankommt. Davon profitieren auch die Mieter. Denn solche Sanierungen senken die Nebenkosten."

BSW: "Der gemeinnützige Wohnungsbau muss gestärkt werden. Größere Teile des Wohnungsmarktes müssen wieder den Regeln der Gemeinnützigkeit unterliegen, gemeinnützige und kommunale Wohnungsbauunternehmen sollten zinsvergünstigte Kredite erhalten und ein großes Wohnungsbauprogramm auflegen. Dort, wo Sozialwohnungen entstehen, muss die Sozialbindung dauerhaft gelten. (…) Wir fordern einen bundesweiten Mietendeckel statt einer wirkungslosen Mietpreisbremse. In allen Regionen, in denen es nicht mehr möglich ist, sich mit einem normalen Einkommen adäquaten Wohnraum zu leisten, wollen wir die Mieten bis zum Ende des Jahrzehnts einfrieren. Kosten für Sanierungen haben die Vermieter zu tragen."

Linke: "Wir fordern einen bundesweiten Mietendeckel! (…) In angespannten Wohnungsmärkten müssen besonders hohe Mieten abgesenkt werden. Als Sofortmaßnahme müssen Mieterhöhungen, wo der Wohnungsmarkt angespannt ist, für die nächsten sechs Jahre ausgeschlossen werden. (…) Staffelmieten und Indexmietverträge wollen wir verbieten und möblierte Wohnungen streng regulieren. Viel zu oft kündigen Vermieter, um bei Neuvermietung höhere Mieten zu nehmen. Wir wollen den Kündigungsschutz ausweiten und fordern Dauermietverträge für alle. Eigenbedarfskündigungen müssen auf Verwandte ersten Grades beschränkt werden. Mietwohnungen müssen durch ein generelles Umwandlungsverbot geschützt werden. Wir wollen die Modernisierungsumlage abschaffen! (…) Immobilien und Energiekonzerne machen Extraprofite, indem sie überzogene Heizkostenrechnungen an ihre Mieter*innen schicken und hoffen, dass es niemand merkt. Das wollen wir unter Strafe stellen. Wir fordern sozial gestaffelte Heizungs- und Stromkosten. Für den durchschnittlichen Verbrauch wollen wir preisgünstige Sockeltarife schaffen. Wir wollen Strom- und Gassperren verbieten."  (ks)

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1 Kommentar verfügbar

  • Werner
    vor 3 Wochen
    Antworten
    "Zudem seien die Kosten für Instandhaltungsleistungen zwischen 2019 und 2023 um fast 47 Prozent angestiegen.."
    Das ist doch eine Zahl die viel aussagt.
    Sind die Löhne der Handwerker um 47% gestiegen? Nein.
    Sind die Löhne bei den Zulieferern um 47% gestiegen? Nein.
    Sind Instandhaltungsleistungen…
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