Auf jeden Fall sei eine ordentliche Lohnerhöhung nötig, auch da herrscht Einigkeit. Als Landschaftsgärtner:innen sind sie in Esslingen in der Entgeltgruppe 5, Stufe 2, übersetzt sind das 2.755,14 Euro brutto pro Monat. Reicht das? Die drei zucken mit den Schultern. Diamantis, der noch zu Hause lebt, zahlt davon die Miete für seine Familie, da seine Mutter nicht arbeiten kann und sein Bruder studiert. Gueli, der ebenfalls noch daheim ist, grinst verlegen. "Ich kann mein Geld komplett behalten." Und Sandra Fuhrmann wohnt mit ihrem Partner zusammen, der ebenfalls arbeitet. "Das geht dann schon irgendwie, aber es wird halt alles teurer." Sie und ihr Freund hätten ihre Gewohnheiten umgestellt: "Wir kaufen nur soviel, wie wir verbrauchen. Früher hatten wir immer irgendwelche Vorräte. Das machen wir nicht mehr." Zudem backe sie Brot nun selbst, damit unter der Woche das Vesperbrot gesichert ist. "Beim Bäcker komme ich ja inzwischen mit drei Sachen in der Hand raus und habe zehn Euro bezahlt. Das ist mir zu viel." Diamantis sagt: "Als Single kannst du davon nicht leben, erst recht nicht hier in Esslingen, wo die Mieten dermaßen teuer sind."
Nun könnten sie als Landschaftsgärtner:innen ja auch in der freien Wirtschaft arbeiten. "Ja, da lässt sich mehr verdienen", sagt Fuhrmann. Aber die Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst seien gut, weil verlässlich. Auch für Fortbildung werde gesorgt, so könne Diamantis den LKW-Führerschein machen. "Und der ist echt teuer." Neben solchen Vorteilen, mit denen Kommunen versuchen, ihr Personal zu halten, schlägt für die drei vor allem eines zu Buche. "Wir haben ein richtig gutes Arbeitsklima", sagt Fuhrmann, "die Kollegen hier sind super."
Zu lange zu wenige Leute eingestellt
Das wäre ein Vorteil für die Akquise von Arbeitskräften – wenn er sich denn herumsprechen würde. Insgesamt hat der öffentliche Dienst einen eher mittelmäßigen Ruf. "Wenn wir Straßenrandstreifen säubern und einer steht mal daneben, weil er gerade telefoniert, kommt gleich ein Bürger und motzt, das wäre ja typisch", erzählen Fuhrmann, Gueli und Diamantis.
Auch Menschen aus der Verwaltung dürfen sich viel anhören, angesichts langer Schlangen vor Bürgerämtern, Ausländerbehörden und sehr langsamer Entscheidungsprozesse. Allerdings liegt das offensichtlich weniger an Mitarbeiter:innen als vielmehr an der Organisation von Verwaltungen sowie an der Stellenplanung inklusive Besetzung. In einer Umfrage des Südwestrundfunks (SWR) unter Ausländerbehörden im August 2022 zeigt sich, dass nahezu alle über zu wenig Leute plus zu viele Aufgaben klagen.
Es ist viel schief gelaufen in den Behörden. Digitalisierung versäumt, zu wenig ausgebildet, zu wenig Stellen eingeplant. Die Folge: steigende Krankheitszahlen, lange Wartezeiten, Unzufriedenheit auf allen Seiten und unbesetzte Stellen. Wer will schon in einer Behörde arbeiten, die nicht funktioniert?
All das trifft auf nahezu alle Bereiche in der öffentlichen Verwaltung zu, die dafür da ist, die öffentliche Daseinsvorsorge für die Bürger:innen zu gewährleisten. Die Personalnot führt dazu, dass Kommunen sich gegenseitig die Leute abwerben und dafür Zusatzreize ausdenken. So bezahlt Stuttgart seit kurzem allen Beschäftigten ein ÖPNV-Jahresticket, andere werben mit besonders flexiblen Arbeitszeiten, vielen Weiterbildungsangeboten, Job-Fahrrädern oder auch mal besseren Eingruppierungen als die Nachbarkommunen.
Auf allen Seiten: kein Geld
Wenn die Kommunen aber nun so händeringend Leute suchen – warum sträuben sie sich dann, deutlich mehr zu zahlen? Überfordert seien sie, heißt es von Seiten der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Zwar sagt auch die VKA per Pressemitteilung "Gute Arbeit muss anständig entlohnt werden", verweist aber auf die Nachwehen von Corona, Altschulden und Investitionsrückständen. Nicht zu vergessen die Inflation, die die Kommunen ebenfalls belaste.
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