"Unser größtes Problem ist es, Leute zu finden." Tanja Wieden weiß, wovon sie spricht. Die 36-Jährige ist Leiterin des Kinderhauses "Kleine Insel" in Nürtingen. 55 Kinder werden hier von zehn Erzieherinnen betreut, inklusive Azubis und Teilzeitkräfte. Acht Vollzeitstellen sind vorgesehen, immerhin seien die gerade besetzt, sagt Wieden. Darüber könne man heutzutage schon froh sein. Laut Plan sind pro Gruppe, die 20 bis 25 Kinder umfasst, 2,5 Menschen vorgesehen. "Aber es ist ja immer jemand im Urlaub oder krank – zurzeit macht uns Corona das Leben schwer." Tatsächlich wären ein bis zwei Erzieherinnen für eine Gruppe da. Da auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes einzugehen, sei fast unmöglich.
"Wir haben 40 Mittagessenkinder, das heißt, mittags brauche ich jede Kollegin. Das kannst du nicht mit zwei oder drei Leuten machen. Zumal wegen Corona die Gruppen ja streng voneinander ferngehalten werden müssen." Beim Essen soll dann den Kindern noch beigebracht werden, wie das mit dem Besteck funktioniert, umgekippte Saftbecher müssen aufgeräumt, Fragen beantwortet und es muss abgeräumt werden. "Eigentlich ist das die Zeit für Pausen – tja." In ihrer Kita hätten sie und ihre Kolleginnen das Glück, "ganz tolle Eltern" zu haben. Die Zusammenarbeit mit denen funktioniere sehr gut. Ja, sagt Wieden, das Kinderhaus läge in einem gutbürgerlichen Viertel, die Eltern seien eher Gutverdiener, die sich um ihre Kinder kümmerten. Das erleichtere viel.
Dabei, so die Kollegin Kerstin Scheitenberger-Fritz, gäbe es durchaus eine gesellschaftliche Tendenz, Erziehung an die Kita zu übertragen, da säßen ja die Profis. Daheim bleibt dann manches auf der Strecke. "Dass Elternansprüche hoch sind, finde ich aber okay", sagt die Leiterin zweier Kitas in Nürtingen. Sie und ihre Kolleginnen müssten nur eben in die Lage versetzt werden, diese Ansprüche zu erfüllen. Ihr Team sei großartig, sagt Scheitenberger-Fritz, jede liebe ihren Job. Am meisten mache allen Corona zu schaffen: Das strikte Trennen der Gruppen, Listen führen – das käme alles auf die normale Arbeit oben drauf. Und hier kommt das ins Spiel, was die Kita-Chefin richtig ärgert: Mangelnde Anerkennung.
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