300 Euro mehr pro Monat für jede und jeden – so lautete die griffige Forderung von Verdi in der jüngsten Tarifauseinandersetzung für die 1,1 Millionen Beschäftigten der Länder. Rausgekommen ist etwas anderes: einmalig 1.300 Euro, steuerfrei für alle im kommenden Januar und anschließend 2,8 Prozent mehr Gehalt ab Dezember nächsten Jahres. Die Gewerkschaft rechnet vor, dass die 1.300 Euro über einer Tabellenerhöhung von drei Prozent liegen und somit die Inflation ausgleichen würden. Das Problem: Die Sonderzahlung ist nicht tabellenwirksam, das heißt: Die 2,8 Prozent ab Dezember 2022 gehen vom jetzigen nicht erhöhten Gehalt aus. "Für mich ist das letztlich eine Nullrunde für dieses Jahr", konstatiert Roberto Valke. Der 54-Jährige, von Haus aus Krankenpfleger, arbeitet im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) in Wiesloch und ist seit zwei Jahren freigestellter Personalrat. Zwar seien 1.300 Euro besonders für diejenigen, die wenig verdienen, gutes Geld. "Aber eine Corona-Sonderzahlung kriegen derzeit ja viele und niemand teilt sich das monatlich auf. Eigentlich haben wir mit diesem Tarifabschluss 14 Leermonate."
Valke sitzt mit einer Kollegin und zwei Kollegen im Personalratszimmer der Psychiatrie Wiesloch und alle vier machen ihrem Ärger über den Tarifabschluss Luft. "Wir von den psychiatrischen Zentren sind hinten runtergefallen", findet Valke. Dabei hätten sie ordentlich mitgekämpft, demonstriert und gestreikt. Und zwar vor allem dafür, dass alle Beschäftigten mehr Geld bekommen. Doch die Erhöhungen, die über die 2,8 Prozent hinausgehen und die Verdi vor allem fürs Gesundheitswesen ausgehandelt hat, kommen vor allem den Beschäftigten der Uni-Kliniken zugute. Die sind in Baden-Württemberg allerdings nicht betroffen, da sie einen eigenen (besseren) Tarifvertrag haben. Die vielen verschiedenen Berufsgruppen an den ZfP dagegen wurden sortiert. Hier erhalten LogopädInnen, ErgotherapeutInnen und ArbeiterzieherInnen 70 Euro Zuschlag pro Monat. PhysiotherapeutInnen, MusiktherapeutInnen und alle weiteren Berufsgruppen in den ZfP bis hin zu Tischlern dagegen nicht.
"Das frustriert mich", sagt Laura Lazarus, Krankenpflegerin in der Tagesambulanz in Wiesloch. "Wir wollten ein Ergebnis, das anerkennt, dass die Arbeit in den Psychiatrien nur im Team gelingt." Drei Tage habe man gestreikt – für das Gesundheitswesen und für Wiesloch war das eine neue Qualität. Als Krankenpflegerin bekommt Lazarus einen Zuschlag. "Aber darum geht es uns nicht", sagt Valke. "Der Laden funktioniert nicht nur mit Ärzten und Pflegern, hier muss alles ineinandergreifen inklusive der Handwerker."
Jeden Tag fehlen KollegInnen
Zumal, darin sind die vier sich einig, Corona die Arbeitsbedingungen auch in der Psychiatrie verschlechtert hat. Uwe Duwe, 60 Jahre alt, ist seit über 40 Jahren in Wiesloch tätig und seit 30 Jahren pflegerischer Leiter der gerontopsychiatrischen Station.
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