Nun ist es also doch so weit: "Stuttgart 21 gestoppt" titelt die Vaihinger Kreiszeitung. Am 1. April, muss hinzugefügt werden, und vielleicht wäre der Spaß für ein paar Leseminuten noch größer gewesen, wenn nicht schon im Vorspann "Unser Aprilscherz 2022" gestanden hätte. Doch sei's drum, der Artikel lässt einige Male schmunzeln, wenn er über ein Alternativprojekt, Umnutzungen der gebauten Tunnel und einen neuen Image-Slogan des Landes fabuliert. Und er offenbart einige Kenntnis von den gravierendsten Problemen des Bahnprojekts. "Die Signale in Sachen Brandschutz waren nicht gut", zitiert die Zeitung einen fiktiven Sachbearbeiter des Regierungspräsidiums Stuttgart. Dass diese Signale auch jenseits von Aprilscherzen anhaltend verstörend sind, dass beispielsweise das Brandschutzkonzept nicht einmal durch eine Simulation bestätigt ist, darauf weist Kontext seit rund zehn Jahren in Dutzenden Artikeln immer wieder hin (unter anderem hier und hier).
"Stuttgart 21 wird am fehlenden Brandschutz scheitern", das war auch die These von Dieter Reicherter, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S 21, die er am 30. März in Berlin vortrug (hier als PDF zum Download), bei der Vorstellung des "Alternativen Geschäftsberichts Deutsche Bahn 2021" durch das Bündnis "Bahn für alle". An dem Bericht hat auch Kontext-Autor Winfried Wolf mitgearbeitet, und lesenswert ist er nicht nur, weil er fundiert auflistet, was alles falsch läuft in dem Staatskonzern und neben S 21 noch weitere teure und unsinnige Projekte wie Hamburg-Diebsteich auflistet, sondern auch, weil er Alternativkonzepte aufzeigt.
Kostensteigerungen erst nach Redaktionsschluss
Die Präsentation des Alternativen Geschäftsberichts hat schon eine gewisse Tradition und findet immer einen Tag vor der Vorstellung des offiziellen Geschäftsberichts der Bahn AG für das vorangegangene Jahr statt. Den nennt der Konzern, more sophisticated, "Integrierter Bericht 2021", und dieses Mal wurde er wegen eines Details mit besonderer Spannung erwartet: wegen der neuen, oder besser gesagt, erneut eingeräumten Kostensteigerungen bei Stuttgart 21 (Kontext berichtete). 9,8 Milliarden Euro sind, inklusive Risikopuffer, nun eingeplant, womit sich die Kosten seit Projektbeginn knapp vervierfacht haben.
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Michael Kerschl
am 07.04.2022