Fink fragt nicht, was mit den Menschen passiert. Er fragt, wie sich "Inflationsraten und damit auch die Zinsen entwickeln, wenn die Lebensmittelpreise infolge von Dürre und Überschwemmungen steigen". Ganz unverblühmt räumt der Blackrock-Chef ein, dass die vielen Demonstrationen für den Klimaschutz "keine bedeutende Komponente meiner Gedankengänge" sind. Ihn kümmern eher die Versicherungen, für die es weiterhin einen funktionierenden Markt geben muss. Wie soll das mit langjährigen Verträgen, etwa Hypotheken über 30 Jahre, weitergehen, "wenn Kreditgeber nicht mehr in der Lage sind, die Folgen von Klimarisiken über einen derart langen Zeitraum abzuschätzen?".
Man muss kein Moralist sein, um eine halbwegs intakte Umwelt als notwendige Vorraussetzung für wirtschaftliche Verwertungsprozesse anzuerkennen. Werden den Worten also Taten folgen? Zumindest die Europäische Union muss überzeugt sein, dass Blackrocks Beteuerungen, die Zukunft grüner zu gestalten, vertraut werden kann – denn sie vergütet es dem Finanzdienstleister mit 288.000 Euro, in einer Studie der Frage nachzugehen, wie umweltpolitische Regulierungen für das Bankenwesen aussehen könnten. Blackrock hat zwar, wie der britische "Guardian" recherchierte, aktuell noch mehr als 97 Milliarden Dollar bei Ölfirmen investiert. Einen Interessenkonflikt erkennt die EU aber nicht. Sie verteidigte die Auswahl jüngst gegen Kritik: Blackrock sei als Sieger aus einer Ausschreibung hervorgegangen – wobei Investments in der fossilen Verbrennung nicht als Ausschlusskriterium für die Teilnahme definiert wurden. Es gebe keine rechtliche Grundlage dafür, Blackrock den Zuschlag zu entziehen, heißt es in einem aktuellen Schreiben der EU-Kommission, in dem obendrein die hohe Qualität des Angebots gelobt wird.
Rauchen ist gesund
Dass die globalen Bemühungen um den Klimaschutz bislang nicht die angestrebten Erfolge bringen, dürfte einer kritischen Öffentlichkeit bekannt sein. Der Finanzlobby gelang es in der jüngeren Vergangenheit, wirksame Umweltauflagen auch ohne offiziellen Beraterposten zu verhindern. Insbesondere die Energiewirtschaft, von deren Geschäft Blackrock durch Aktienanteile massiv profitiert, trug ihren Teil dazu bei.
Dabei ist davon auszugehen, dass sich die Größen der fossilen Verbrennung durchaus der Gefahren bewusst sind, die der menschengemachte Klimawandel mit sich bringt – teils haben sie Pionierarbeit geleistet, sie zu erforschen. So führten Shell und Exxon bereits in den 70er- und 80er-Jahren eigene Studien durch, die herausfanden, dass sich eine drastische Zunahme der CO2-Konzentration unvorteilhaft auf den Planeten auswirkt und Konsequenzen wie das Verschwinden ganzer Länder von der Landkarte drohen oder eine Erderwärmung um zwei bis drei Grad. Weil die Befunde schädlich fürs Geschäft schienen, wurden sie geheim gehalten. Sie kamen erst vor wenigen Jahren und nur dank Whistleblowern an die Öffentlichkeit.
Die Zwischenzeit und Milliardenbeträge nutzten Exxon, Shell und Co., um politische Widersacher zu beschädigen, Thinktanks aufzubauen und seriöse Klimaforschung, die sich ja mit den eigenen Befunden deckte, durch organisierte Wissenschaftsleugnung zu diskreditieren. Erfolgreich ist dabei die gleiche Strategie, mit der es der Tabakindustrie bis in die 70er-Jahre gelungen war, gesundheitliche Risiken des Rauchens in Abrede zu stellen. Laut dem Klimaforscher Stefan Rahmstorf reiche die Bandbreite "vom ständigen Wiederholen längst widerlegter Bauernfängerargumente über erfundene Fake News, die Präsentation von mit wissenschaftlichem Jargon ornamentierten Pseudostudien durch Pseudoexperten bis hin zur Diffamierung und Einschüchterung" seriöser Wissenschaftler. Der Trick geht auf: Während noch 1989 kaum jemand in den USA die Forschung zum menschengemachten Klimawandel bezweifelte, glaubte 2010 bereits jeder Dritte, dass Wissenschaftler sich nicht einig wären, ob es die globale Erwärmung überhaupt gibt.
Grün rockt!
Allerdings gibt es zwischen den fossilen Energiekonzernen und dem größten Investor der Welt einen nennenswerten Unterschied: Im Gegensatz zu Unternehmen, deren Existenz tatsächlich davon abhängen kann, ob Kraftwerke weiterhin Kohle verfeuern dürfen, hat Blackrock daran kein übergeordnetes Interesse. Zumindest solange andere, nicht minder profitable Investitionsfelder offenstehen. Denn der Vermögensverwalter geht keine festen Bindungen ein. "Wenn wir mit der Entwicklung eines Unternehmens nicht zufrieden sind", erläutert Präsident Robert Kapito, "dann verkaufen wir ganz einfach die Aktien."
Wenn sizilianische Tomaten die saftigste Rendite versprechen, wird investiert. Wenn sich mit Granatwerfern Kohle scheffeln lässt, warum nicht? Wenn der Autobauer aus dem Ländle oder der Tabakproduzent aus Oklahoma nicht mehr performen, werden sie halt an die Chinesen verhökert. Bei Blackrock zählt nicht, wodurch sich das Geld vermehrt, es zählt nur, dass es sich vermehrt. An Tausenden von Unternehmen ist der Vermögensverwalter beteiligt. Apple, Google oder Microsoft? Blackrock steckt überall mit drin. Bayer und Monsanto fusionieren? Blackrock gehörte ohnehin zu den Hauptaktionären beider Unternehmen. Selten übersteigen die Beteiligungen zehn Prozent der Aktien. So ist Blackrock zwar fast überall an der Börse beteiligt. Aber gerade weil das Anlageportfolio breit gefächert ist, ist das Unternehmen von keinem Einzelakteur maßgeblich abhängig. Verlierer können fallen gelassen werden, ohne selbst zugrunde zu gehen.
5 Kommentare verfügbar
Jue.So Jürgen Sojka
am 14.07.2020Alle 193 Staaten, die sich der Allgemeinen Erklärung der Völkerrechte verpflichtet haben «WD 3 - 3000 - 069/09 [1]» ermangeln der ordentlichen (tatsächlichen) Umsetzung. Was sich hier zeigt:
13.11.2012 Die Anstalt _ Erwin Pelzig
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