Auch in der Debatte um den Diesel spielen neben dem Umweltaspekt noch eine Reihe weiterer Faktoren eine Rolle: Was passiert mit den mehr als 200 000 Arbeitsplätzen bundesweit, die direkt am Diesel hängen, wenn sich das Schmuddel-Image hält und die Zulassungszahlen weiter sinken? Was geschieht mit den Menschen, die sich für mehrere Zehntausend Euro ordentlich zugelassene Fahrzeuge gekauft haben und diese plötzlich in den Innenstädten nicht mehr nutzen können sollen? Die IG Metall ist Sprachrohr für sie alle: Unsere Mitglieder sind die Beschäftigten in den Automobilbetrieben, die eine gute und sichere Arbeit zum Leben wollen. Unsere Mitglieder sind die Bewohner der Städte mit überschrittenen Stickoxid-Grenzwerten, die sich saubere Luft wünschen. Und unsere Mitglieder sind die Käufer von Diesel-Fahrzeugen, die sich nicht in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken lassen wollen und oft gar nicht anders können als mit dem Auto zur Arbeit zu pendeln, weil es an öffentlichen Alternativen mangelt.
Keine Schützenhilfe für die Autoindustrie
Der Streit um den Diesel ist nicht so einfach, wie manche ihn sich machen. Weil es mit der Verteufelung des Antriebs nicht getan ist, sondern verschiedene Interessen berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden müssen. Zielkonflikte sind dabei unvermeidbar – zumal, wenn man zusätzlich die Interessen der Autoindustrie und der Politik berücksichtigt. In dieser Gemengelage Kante zu zeigen, ist nicht leicht. Nichtsdestotrotz hat die IG Metall eine klare Meinung zum Dieselskandal und zur Mobilitätswende der Zukunft. Sicher geht die dem ein oder anderen nicht weit genug. Und allein die Tatsache, dass wir die Diesel-Arbeitsplätze erhalten wollen, wird mancher konsequent als Realitätsverweigerung und Schützenhilfe für die Autoindustrie missverstehen. Die Behauptung, die IG Metall finde bei der Aufarbeitung des Skandals keine klaren Worte gegenüber der Autoindustrie oder rede dieser gar das Wort, ist aber schlicht falsch.
Richtig ist: Die IG Metall kritisiert die Manager, die für die Dieselaffäre verantwortlich sind und fordert eine lückenlose Aufklärung. Sollte über die bekannten Manipulationen von VW hinaus auch von anderen Herstellern bei den Abgasen betrogen worden sein, wäre das eine Riesensauerei, die aufgedeckt und geahndet gehört. Beschiss-Fahrzeuge müssen zwingend auf Herstellerkosten nachgerüstet werden. Aber auch darüber hinaus müssen alle Hersteller offenlegen, wo technische Probleme bestehen und welche Lösungen dafür möglich sind. Der erste Dieselgipfel am 2. August hat in dieser Hinsicht versagt und ist über bloße Ankündigungen und ein läppisches Protokoll nicht hinausgekommen.
Zwar halten wir die von den Autoherstellern angekündigten Nachbesserungen mit Softwareupdates grundsätzlich für den richtigen Weg, um zeitnah einen großen Teil der Euro 5- und Euro-6-Flotten nachzubessern und Fahrverbote möglichst zu vermeiden. Es fehlt allerdings an der von uns geforderten Verbindlichkeit, welche Modelle nachzubessern sind und in welchem Zeitrahmen das geschehen soll. Zudem fordern wir, dass die Ergebnisse der Nachbesserungen nachprüfbar sein müssen - erst dann werden Gerichte die Softwareupdates als wirksame Maßnahme akzeptieren. Und selbstverständlich ist es im Sinne einer sauberen Umwelt nicht akzeptabel, dass Importfahrzeuge bei den Softwareupdates außen vor sind.
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Christian Reischl
am 03.10.2017